Der Apricapass verbindet in West-Ost-Richtung auf einer Länge von 29Km das Veltlin bei Tirano mit der Adamelloregion um Edolo im Val Camonica, eine der Hauptverbindungen im Nord-Süd-Verkehr zwischen Südtirol und den Industrieregionen Norditaliens, wie z.B. Bergamo und Milano. Der ganzjährig geöffnete Aprica liegt umgeben von einer ganzen Reihe kleiner und steiler Passtrassen, die aus militärischen Gründen vom italienischen Staat angelegt wurden und durchaus eine reizvolle Alternative zu ihm darstellen. Sie zweigen nordöstlich der Stadt von der Verbindungsstrasse nach Bormio in den Süden ab. Die Stadt Tirano im Puschlav war in einem ehemaligen graubündner Weinanbaugebiet gelegen, bevor Napoleon die Region nach Italien in die Lombardei verlegte. Bis heute wird hier der hervorragende Veltliner Wein gekeltert, der v.a. vor Ort und in der Schweiz verkonsumiert wird. Das Städtchen ist Endhaltepunkt des Bernina-Express von Chur / Pontresina her. Es ist die steilste und höchste Adhäsionsbahn der Alpen. In Tirano fährt der Express als Strassenbahn bis zum Bahnhof, ein reizvolles Bild für Eisenbahnliebhaber. Die Innenstadt ist um den Bahnhof herum ganz hübsch, man kann hier schön unter Bäumen sitzen und ein Käffchen trinken. Man gelangt auf den Aprica-Pass ca. 8Km südwestlich von Tirano, wo er steil nach links von der S 38 abzweigt. Durch Bergwald führen einige Serpentinen auf gut ausgebauter Strasse hinauf zur Passhöhe, die schnell auf 1176m erreicht ist. Unterwegs hat man einen schönen Blick zurück ins Valtellina und hinab in die Schluchten der Seitentäler, die voll sattem Grün im Sommer urwaldähnlich bewachsen sind. Die Passhöhe ist geradezu scheusslich, das Dorf Aprica imponiert durch hingeklotzte Tourismusherbergen, die wohl v.a. im Winter zum Skifahren gebraucht werden. Ganz anders als die kurze Auffahrt gestaltet sich die Abfahrt durchs Ogliolo-Tal, dem 'kleinen Bruder' des das Camonica-Tal durchfliessenden Oglio nach Edolo: Wieder durch Wald führt die Strecke auf langen Geraden und weiten Kurven entlang des Flüsschens ins breiter werdende Tal. Vor Edolo verläuft die Strasse dann wieder hoch am Berghang, einige wunderbare Ausblicke sollte man sich nicht entgehen lassen, bevor man im Industrie- und Transitort Edolo ankommt, wo v.a. die Ruine einer nie fertig gestellten Autobahn schmerzhaft ins Auge fällt. Hier gilt es nun zu entscheiden, entweder weiter talabwärts zum Iseosee und nach Bergamo / Brescia, oder weiter nach Nordosten via Tonalepass ins Trentino oder nach Bozen in die Alto Adige.