Pässe und Tunnelverbindungen

Graubünden / Tour '02

Bernina - Pass, 2328m


Der Berninapass ist eine wichtige Verbindung innerhalb Graubündens. Er verläuft in Nord-Süd-Richtung vom Engadin ins Puschlav und verbindet das obere Inntal von Pontresina (1805m) mit Poschiavo im Veltlin auf einer Gesamtstrecke von etwa 32 Km. Früher waren die Besitztümer der Schweizer weitreichend bis in die Provinz von Tirano im Süden reichend und umfassten einen Grossteil des Veltlin. Napoleon schlug diese Landstriche allerdings den Italienern zu, was bis heute so geblieben ist. In vortouristischen Zeiten war der Pass durch seine Lage eine willkommene Militär- und Handelsstrasse. Heute liegen nicht nur mondäne Orte wie St. Moritz oder Pontresina ans seiner Strecke, nein, er führt auch hoch hinauf in eine grandiose Landschaft um den östlichsten Viertausender der Alpen, das Bernina-Massiv, herum. Die Strecke ist im Winter befahrbar, allerdings sind dann häufige Sperrungen witterungsbedingt normal.
Wir beginnen unsere Fahrt in Pontresina, einem schmucken oberengadiner Städtchen, das durch seine guterhaltenen Häuser und Hotelpaläste hervortritt. Weniger pompös als St. Moritz, doch wohlhabend und gediegen. Ein kurzer Blick ins Val Roseg hat man von hier. Unsere Strecke folgt dem Val Bernina und dem Lauf des Inn, der milchig schäumend von der Passhöhe herabfliesst und dem Lago Bianco an der Passhöhe, sowie den Gletschern der Gegend entspringt. Die Strasse ist breit, der Belag in gutem Zustand. Fahrerisches Können verlangt der Bernina-Pass nicht. Eine lange Gerade führt leicht ansteigend zunächst in einen Bergwald. Nach einigen Kurven folgen wenige Serpentinen. Nachdem diese überwunden sind treffen wir im wahrsten Sinne mit Gepolter auf die Gleise der Berninabahn, einem technischen Meisterwerk, die den Eisenbahnenthusiasten mit einer Fahrt im Bernina-Express, einer der steilsten Adhäsionsbahnen der Welt, lockt. Ihre Trasse verläuft quasi parallel zur Strasse. Der Übergang wartet mit einem beträchtlichen Niveauunterschied auf, also Achtung! Hier eröffnet sich unvermittelt eine gigantischen Aussicht: Vor uns erheben sich majestätisch die Firn- und Gletschergipfel des Bernina-Massivs: Piz Bernina (4049m), Piz Zupo (3996m) und Piz Morteratsch (3751m). Besonders sticht der Biancograt, einer der schönsten Firngrate der Alpen hervor, bei klarem Wetter ein Augenschmaus! Man hat hier eine Aussichtsplatte und ein Bänkchen hingestellt, das zu einer kleinen Pause einlädt. Unterhalb unseres Haltepunktes kann man einige Meter in den Wald einfahren und dann nach ca. 25 Minuten Fussmarsch an das Tor des Morteratschgletschers spazieren, der seine eisige Zunge weit ins Tal vorschiebt.
Folgen wir dem Pass weiter bergan: Wenige Kurven sind zu fahren, bis wir ein Hochtal erreichen, das mit einer langen Gerade durchquert wird. Links von uns erhebt der Piz Albris seine felsige Flanke, ein Steinwildparadies, gegenüber steht eine moderne Gondelanlage, die Touristen auf den Gipfel der Diavolezza (2973m) mit gewaltiger Aussicht bringt. Im weiteren Verlauf der langsam steigenden Strasse passieren wir zwei kleine Bergseen, Lej Pitschen und Lej Nair bevor es wieder steiler wird in nun wilder und felsiger Umgebung. Der Lej Nair ist übrigens die offizielle Quelle des Inn.
Die Berninabahn verlässt die Strasse und zieht ihre eigene Bahn zum Bernina-Hospiz, während die Strasse noch hundert Höhenmeter und einige Kurven bis zur Passhöhe überwindet. Hier oben weht oft ein rauher Wind, man hat Gelegenheit, sich im Restaurant eine Kleinigkeit zu gönnen und den Ausblick auf den zerklüfteten Piz Cambrena (3604m) zu geniessen , dessen zerschrundeter Gletscher über die felsige Flanke ragt. Unter uns liegt der Weisse See, der Lago Bianco. Die milchigen Wasser aus frischem Tauwasser des Gletschers gaben ihm seinen Namen. Unterhalb der Passhöhe windet sich die Strasse direkt an der italienischen Staatsgrenze entlang ins Puschlav hinunter. Enge Serpentinen führen in das weiter werdende Tal. Bei La Motta zweigt die Livigno Passstrasse ins italienische Duty-Free-Paradies ab. Wir fahren weiter ins Val Lagune, man hat einen glänzenden Blick auf die Dreitausender des Val da Camp. Zunehmend südländisches Flair umfängt den Reisenden bei der Weiterfahrt, ein zunehmend liebliches und von Landwirtschaft, später auch von Weinbau geprägtes Tal empfängt uns. Hier wird der berühmte Veltliner gekeltert, ein leichter Wein, den die Schweizer vorwiegend selber trinken. Hinter den Serpentinen und dem Ort La Rösa folgt eine lange Hangtraverse bevor wir den Ort San Carlo und den Talboden des Puschlav erreichen. Noch ein paar Kilometer, dann sind wir in Poschiavo (1014m) angelangt. Hier kann man wieder die parallel verlaufende Berninabahn sehen, die auch als Strassenbahn fungiert. Die italienische Architektur erinnert an die kulturellen Wurzeln der Bewohner. Unbedingt sollte man sich das Spaniolenviertel mit seinen Zuckerbäckerverzierungen ansehen. Auf weiter langsam fallender Strecke führt die Strasse am Lago di Poschiavo vorbei und durch den Ort Brusio, wo man ein technisches Highlight der Berninabahn erblickt, nämlich eine 360° Kehre über einen Viadukt, an die italienische Staatsgrenze bis Tirano. Hier endet auch die Berninabahn. Wir sind umgeben von Reben, Feigen und Kastanien.... Es ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten der Weiterfahrt.
Wer kleine Strässchen mag, dem sei eine besondere Auffahrt ans Herz gelegt: Das kleine, unbefestigte Strässchen nach Aurafreida im Puschlav. Eine lohnenswerte Aussicht nach erheblichem Gekurve auf dem engen Weg belohnt die Anstrengung. Ebenso die Auffahrt auf die Alp Albertüsc von Poschiavo aus (2089m). Ein Ausflug in Valle Malenco von Sondrio aus, dem Hauptort der Region, führt in eine karge Hochgebirgslandschaft, die noch weitgehend unberührt vom Tourismus ist und die harten Lebensbedingungen der Bevölkerung in früheren Zeiten erahnen lässt. Zahlreiche Steinbrüche erinnern an eine Haupterwerbsmöglichkeit dieser Landschaft, Gneis und Schiefer, die vorwiegend, neben dem Wein, in die Schweiz exportiert werden. Geduckte, kleine 'Steiniglos' kann man sehen, die Grotti, es sind nicht etwa Behausungen für besonders arme Bewohner, sondern frühe 'Kühlschränke', in denen Milch, Käse und andere Waren frisch gehalten wurden und werden.

Geschichtliches und Geschichten:

'Rotweintrinker sind bessere Menschen', so klassifizierte G. Keller seine schweizer Mitbürger zu besseren Menschen, unbeabsichtigt wohl. Nirgendwo wird mehr Veltliner getrunken, als in dieser Region, man bekommt dieses bekömmliche Tröpfchen tatsächlich kaum ausserhalb Graubündens und der Schweiz zu kaufen. Obwohl der Grossteil des Anbaugebietes heute Dank Napoleon in Italien liegt, verkonsumieren die Eidgenossen diesen Trank bis heute vorwiegend als historische Rache selbst. Früher musste hierfür das kostbare Gut geschmuggelt werden, wofür der Pass rege benutzt wurde. Allerdings war das Veltlin nicht mit Zustimmung der Bevölkerung 1639 annektiert worden, man schloss lediglich einen Bund mit den Bündnern gegen Mailand. So ist es auch historisch kein Beinbruch, dass heute wieder Italien dort ist, wo es hin gehört. Sprachlich ist die Berninaregion zweigeteilt: Im Norden des Passes spricht man rätoromanisch, das Rumantsch, im Süden eben italienisch, wie es oben Gesagtes begründet. Die friedliche Situation von heute täuscht etwas über die blutige Vergangenheit hinweg: Nicht nur nach Land gelüstete es die Eidgenossen, sie brachten auch ihre protestantische Religion mit, was zu anhaltenden Religionskriegen Anlass gab. 'J. Jentatsch' von C.F. Meyer ist die literarische Aufbereitung dieses Umstandes.
Ausbauzustand
Kurven
Breit ausgebaute Strasse, neuer Belag
Einige Serpentinen, v.a. Südrampe, und weite Kurven

Lohnenswerte Abstecher und Besichtigungen:

Segantini-Museum Savognin / St. Moritz -- Oberengadiner Seenplatte -- Sils Maria -- Morteratsch -- Aurafreida -- Albertüsc
Mondäne Grandhotels aus der Gründerzeit in St. Moritz und Pontresina -- Fahrt mit dem Bernina-Express -- Münstertal -- Sta. Maria
Tirano - Wallfahrtskirche - Stadtbefestigung -- Pontresina - Begräbniskirche -- Poschiavo - Sta. Maria Assunta - Spaniolenviertel

Lohnenswerter Rundkurs:

Oberengadiner Runde:
Pontersina - St. Moritz - Julierpass - Tiefencastel - Albulapass - Ofenpass - Umbrailpass - Bormio - Livigno - Livignopass - Berninapass - Pontresina.

Siehe auch: Albula-, Aprica-, Foscagno-, Flüela-, Foscagno-, Gavia-, Julier, Livigno-, Maloja-, Ofen- Tonale-, Umbrail-Pass, Stilfser Joch

Weiterführende Routen:

Nordseite
Fernziel
via
howto
Locarno / Lugano / Milano / Torino / Genova
Julier(Albula)/S. Bernadino
St. Moritz-Tiefencastel-Lugano
Chiavenna / Como / Milano
Maloja
St. Moritz-Malojapass
Brig / Martigny / Genf
Julier(Albula)/Oberalp/Furka
St.Moritz-Disentis-Andermatt-Furkapass-Brig
Zürich / Bern / Basel / Bodensee
Julier(Albula)
St. Moritz-Chur
Arlberg / Tirol / München
Inntal
Inntal talabwärts-Scuol-Landeck
Vinschgau / Südtirol
Ofenpass
Inntal talabwärts-Zernez-Ofenpass
Südseite
Fernziel
via
howto
Como / Milano / Torino / Genova
Tirano-Sondrio
Vinschgau / Südtirol
Stelvio
Tirano-Bormio
Gardasee / Lago d'Iseo / Brescia / Verona
Aprica
Tirano - Apricapass - Edolo

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