Oppeln - Gleiwitz - Teschen - Ustron (Beskiden)
Streckenlänge |
Fahrzeit
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Landschaft
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Architektur
/ Kultur
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244
Km
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9
- 20 Uhr
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Das Hoch bleibt stabil: Schönstes Sommerwetter erwartet uns auch heute, das gestrige Gewitter hat sich vollkommen verzogen. Wir starten nach dem Frühstück von unserem kleinen Motel über schmale Strässchen, die uns durch dichten Wald führen, bis wir die Nr. 94 erreichen, auf die wir Richtung Süden abbiegen. Die parallel verlaufende Autobahn vermeiden wir tunlichst. |
Wir nähern uns der Industrieregion
um Kattowitz und sind somit in Oberschlesien angelangt. Die Landstrasse,
die wir befahren und die sich in einem sehr guten Zustand befindet, wird
kurz vor Gleiwitz (Gliwice) auf die ebenfalls in gutem Zustand befindliche
Autobahn übergeleitet. Nach wenigen Kilometern folgt eine Grossbaustelle
und der gesamte Verkehr rollt wieder auf die Landstrasse. Da es sich um
die grösste Industrieregion Polens handelt, ist der Verkehr entsprechend
dicht. Lkw reiht sich an Lkw, Russwolken erfüllen die heisse Sommerluft.
Die Strasse ist ein wahrer Alptraum: Ich habe viel Furchtbares über
die abgewickelten und grösstenteils geschlossenen Stahl- und Kohlebergwerke
gelesen. Die Wirklichkeit bestätigt die Berichte, zumindest auf der
Strasse. Geborstene Betonplatten lassen für den Schwerlastverkehr
nurmehr Schrittgeschwindigkeit zu, überholen ist aufgrund der Randstein
hohen Löcher und Absätze in der Fahrbahn ein Vabanquespiel,
also krieche ich in den Abgaswolken hinter den Lastern her.
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Strässchen in Oberschlesien |
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Unendliche Zeit später sehe das
Schild 'Gliwice' und fahre aus der Endlosschlange heraus Richtung Innenstadt,
denn schlimmer kann's nicht mehr kommen. Am Opelwerk vorbei fahren wir
in die Stadt. Das Stadtbild verlockt nicht besonders zu einen längeren
Aufenthalt, lediglich einige Häuserzeilen sind restauriert und künden
von vergangener Pracht. Ansonsten finde ich den Ort recht öde. Schilder
sind ebenso rar, sodass wir einen Busfahrer nach dem Weg fragen müssen.
Wir wollen nach Mikulow und dann weiter in die Beskiden. Nach erteilter
freundlicher Wegbeschreibung finden wir schliesslich aus Gleiwitz hinaus
und uns auf der breiten 44 nach Mikulow wieder, das südöstlich
von Gliwice liegt. Kurz nur währt die Fahrt und schon befinden wir
uns wieder auf Abwegen, auf einer kilometerlangen Umleitungsstrecke, die
durch sehr hübsche Dörfer, über lange Alleenstrassen und
hügeliges Gelände führt. Es wäre noch schöner,
wenn nur nicht so viele Lkw ausser uns diese Umleitung fahren müssten.
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Zwischen Gleiwitz und Teschen |
In Mikulow lassen wir den Hauptverkehr
Richtung Krakau rollen und wenden uns gen Süden auf die vierspurige
81. Mein Tank bedarf der Füllung, wir steuern eine Tankstelle an
um Sprit nachzufüllen. Während ich tanke, kommt ein älterer
Herr auf mich zu, läuft ums Motorrad und beginnt gleich auf deutsch,
mir sein Leben zu erzählen. Wie schon die Dame in Oppeln schildert
er sein deutsches Schicksal im Nachkriegspolen, die erlittenen Demütigungen
und Diskriminierungen. Allerdings wirkt er deutlich weniger verbittert,
erzählt, dass sie hier eine Deutsche Partei gegründet hätten
und für die Zukunft durchaus Chancen in Polen für sich sähen.
Wir Westler hätten da wohl eine andere Sicht meint er abschliessend,
aber für ihn und die verbliebenen Deutschen im Land hätte der
Begriff Heimat noch einen besonderen Klang, den sie für sich bewahren
wollten. Stolz zeigt er mir noch seinen VW-Golf, bevor ich mich verabschiede.
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Nach dieser unfreiwilligen aber freundlichen Begegnung fahren wir weiter ins Teschener Land hinein. Die Landschaft ist leicht gewellt, Felder und Wiesen dominieren. In der Ferne tauchen die sanften Berge der Beskiden auf, das Mittelgebirge, das heute unser Ziel sein wird, an der polnisch-tschechischen Grenze, dieses 600 Km breite Gebirge ist Teil der Westkarpaten. Es geht auf den Mittag zu und ist bereits sehr heiss. Vor Teschen (Cieszyn) passieren wir wieder eine Grossbaustelle, die Strasse wird komplett erneuert. Nun staubt's ordentlich, doch kurze Zeit später erreichen wir Teschen, in dessen Zentrum wir nach einer längeren Abfahrt ins Tal der Olsa hinunter gelangen. Mitten in der Stadt verläuft die Grenze zwischen Polen und Tschechien. Besonders ansprechend wirkt die Altstadt nicht und wir beschliessen nach kurzer Beratschlagung in die Beskiden hineinzufahren und uns ein hübsches Plätzchen zum Essen zu suchen. |
Teschen in den Beskiden |
Der Kubalonka-Pass... |
Gesagt, getan, nochmals ein kurzes Stück zurück und Staub geschluckt, dann biegen wir auf eine leere Strasse nach Ustron ab. Durch ein langgezogenes und tiefes Tal entlang der jungen Weichsel (Wisla) erreichen wir das hübsche Städtchen. Es ist sehr touristisch, aber schön in die Umgebung eingefügt, man sieht zumindest keine bösen Bausünden in die Gegend aufragen. Dagegen sehen wir sehr viele junge Leute, die hier mit dem Rucksack unterwegs sind. Ein -in Polen sehr seltener - Dönerstand mit Terrasse ist unser Rastplatz, der uns mit einem trockenen Salat 'verwöhnt'. Nach diesem kulinarischen Höhepunkt steuern wir unser vorbestelltes Quartier an, das sich als polnisches Wellness-Hotel herausstellt, in dem man Fastenkuren machen kann und das seine beste Zeit bereits hinter sich hat, die Farbe blättert mässig von der Fassade, was dem Haus einen charmanten Charakter verleiht. Ausser uns wohnen auch keine weiteren 'jungen' Leute hier. Noch schnell abgepackt und eingecheckt, dann hat uns die Strasse wieder. Bei diesem herrlichen Wetter können wir uns nichts Schöneres vorstellen, als durchs Gebirge zu kurven. So folgen wir dem Flusslauf der Weichsel, die hier ein sprudelnder Gebirgsbach ist, zum Städtchen Weichsel (Wisla), die Strasse verläuft parallel zur tschechischen und auf die slowakische Grenze zu, hier ist das Dreiländereck Polen-Tschechien-Slowakei. In Weichsel steht ein Museum der Goralen, jenem Bergvolk, das hier in der Region und bis zur Hohen Tatra heimisch ist. Wir sehen allerdings keine Trachtenträger heute. |
...auf 761m |
Landschaft in den Beskiden |
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Von Wisla fahren wir auf den Kublonka-Pass, der auf 761m ins Quellgebiet der Weichsel hinaufführt. Die Strasse ist schön ausgebaut, kurvig, mit zahlreichen Serpentinen und mit grandioser Aussicht zwischendurch, erklimmen wir die Höhe. Droben zweigen wir auf ein schmales Strässchen zum Weichselquellstausee ab. Es ist sehr schmal, sehr steil und sehr löchrig. Rainer fährt mit seiner Enduro flott voran, ich quäle mich im Schrittempo den Wald hinunter, bis uns endlich der wunderschön daliegende See mit der grausligen Anfahrt versöhnt. Es ist ein herrlicher Sommermittag, um uns her in einigem Abstand liegen polnische Familien, Jugendliche und Kinder in der Sonne am Wasser. Wir tun es ihnen gleich und gönnen uns ein Päuschen. |
Den Helm an den 'Nagel' gehängt... |
...und dahingestreckt im Hier und Jetzt... |
Zwei Stunden hängen wir unseren Gedanken nach an diesem schönen See, dösen in der nachmittäglichen Sonne oder schauen in die Landschaft, dann fahren wir über Wisla wieder zurück nach Ustron. Der Ort ist sehr lebendig und in einem Gartenlokal trinken wir noch etwas und essen ein kleines Eis mit frischen Früchten. Serviert wird in Schalen, wie sie bei uns früher in den Siebziger Jahren üblich waren, als man noch nicht ins Venezia oder Cortina ging, sondern Fürst Pückler ass. Trotzdem sehr schmackhaft dieses Eis in Polen. In unser Hotel zurückgekehrt, warten wir auf einer schönen Terrasse vergeblich auf das Abendessen. Wie es sich herausstellt, sind wir einem Missverständnis aufgesessen. Wir fragten ab wann es was zu essen gibt und man teilte uns an der nur polnischsprachigen Rezeption mit, bis wann das Restaurant offen hat. So kann man aneinander vorbeireden. Der Zeitpunkt für das Nachtmahl war leider bereits verstrichen, wir waren zu spät. An der Rezeption bekommen wir einen Tipp für ein nettes Lokal in der Nachbarschaft und so ziehen wir nochmals ein paar Kurven durchs Gebirge, sehen noch etwas von der fantastischen Landschaft auf der Suche nach dem Restaurant. Das uns Empfohlene wartet heute mit einem Tanzabend auf, laute Schlagermusik ist aber nicht nach unserem Geschmack. Die weitere Suche über kleine Strässchen, die spassig zu fahren sind, hat ein kleines Restaurant mit zivilen Preisen zum Resultat. Es ist spät, als wir schliesslich ins Bett kommen. |
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