Neunter Tag:


 Cremona - Castiglione di Stiviere - Solferino - Verona - Garda - Malcesine (175 Km)

Wir starten in einen erneut dicht wolkenverhangenen Tag. Wenig ist nurmehr zu sehen vom blauen Himmel. Das schlechte Wetter ist hartnäckiger, als es der Wetterbericht vorhersah. Nun, es regnet wenigstens nicht und warm ist es zudem. Ideal, um eine Stadt zu besichtigen. Autan sei Dank wurde ich in dieser Nacht nicht von den Heerscharen an Stechmücken der Poebene gepiesackt, sondern bin mit einigermassen heiler Haut durch die Nacht gekommen. Die Innenstadt von Cremona besuchen wir nach einem kurzen Frühstück. Das Städtchen liegt direkt am Po und ist beeindruckend. Man rühmt sich nicht nur die berühmtesten Geigenbauer wie Stradivari & Co hervorgebracht zu haben, man ist auch eine der reichsten Städte Italiens, genaugenommen die Drittreichste. Am arkadengesäumten Hauptplatz steht der Dom, der uns noch mehr beeindruckt, als der von Parma, ein riesiges Bauwerk. Im Moment findet die Messe statt, sodass wir unsere Besichtigung angepasst d.h. nur oberflächlich vornehmen können. Anschliessend schlendern wir noch etwas durch die engen Altstadtgassen, die man gut in dreissig Minuten bewältigen kann, bevor wir uns wieder zu unseren Motorrädern begeben und die Stadt nordostwärts über die S10 Richtung Piadena verlassen.


Cremona: Eine reiche Stadt

Der Dom

 Cremona in Kürze:

Hauptstadt der Provinz Cremona, am Po gelegen, unterhalb der Addamündung, mit 72300 Einwohnern. Auch hier findet sich ein Bischofssitz. Durch die fruchtbare Poebene gibt es einen grossen Agrarmarkt, aber auch Industrie wie Landmaschinenbau und eine reiche Textilindustrie, Erdgasförderung, sogar eine Erdölraffinerie. Bekannt ist die Musikinstrumentenmesse von Cremona.
Geschichte: Gegründet 218 v.Chr. als römische Kolonie. Im 12.Jahrhundert freie Kommune, war Cremona mit Kaiser Friedrich Barbarossa gegen Mailand verbündet. 1334 geriet es unter die Herrschaft Mailands, seitdem ist die Stadt mit der Geschichte der Lombardei verbunden. Seit dem Mittelalter gibt es eine bedeutende Terrakottenindustrie, vom 16. bis 18.Jahrhundert war der Geigenbau berühmt (Cremoneser Geigen: v.a. Amati, Stradivari und Guarneri).
Stadtbild: Romanischer Dom (1190 geweiht) mit 111 Meter hohem Glockenturm, dem Kampanile »Torrazzo« aus dem 13.Jahrhundert.


Der Domplatz
Die S10 ist gut ausgebaut und wir kommen schnell voran in der Poebene. In Piadena geht es links auf die S343 Richtung Norden. Um uns herum nichts als Felder und Wiesen sowie einige Obstplantagen, die im flachen Land der fruchtbaren Ebene liegen. Wir durchfahren Asola, ein hübsches Städtchen und halten in Castiglione di Stiviere, wo wir nach Osten Richtung Verona abdrehen. In diesem Ort, der von einer imposanten Burgkirche überragt wird, sehen wir an einer Hauswand ein Schild, dass auf den Gründer des Roten Kreuzes, den Schweizer Henri Dunant verweist, der nach der Schlacht im benachbarten Solferino, wo Napoleon die vereinigten österreichischen Truppen ohne Konvention und Versorgung der Verwundeten abschlachtete, diese humanitäre Organisation ins Leben gerufen hat. Kurze Zeit später wurde die Genfer Konvention unterzeichnet. Endlich konnte man Kriege mit 'humanitären' Regeln führen!

Castiglione di Stiviere....

....mit einer netten Piazza

Strasse in der Poebene
Hinter Solferino überqueren wir den Minciofluss, der die Grenze zu Venetien darstellt, dann mündet die wenig befahrene Strasse in die verkehrsreichen Zubringer nach Verona. Eigentlich wollten wir Verona und den Gardasee wegen des dortigen Rummels weiträumig umfahren, da sich aber auf dieser Tour ohnehin alles geändert hat, nehmen wir diese an Kultur reiche Stadt noch mit auf unserem Weg. Die Einfahrt in Verona ist deutlich verkehrsreicher, als in den Städten zuvor. Allerdings hat der Tourismus in der Stadt seine Gründe: Es ist beeindruckend, was man hier zu sehen bekommt.

Die römische Arena in Verona....

....mit dem zentralen Platz

 Verona in Kürze:

Hauptstadt der Provinz Verona, beiderseits der Etsch, am Ausgang in die Poebene gelegen, 254700 Einwohner. Bischofssitz. Die Stadt beherbergt zwei Fakultäten der Universität Padua, Bibliotheken, Museen, mehrere Theater: Ein Höhepunkt im Jahreslauf sind die jährlichen Opernfestspiele in der römischen Arena. Industriell dominieren Agrarhandel, Maschinen- und Waggonbau, Textil-, Nahrungsmittel- u.a. Industrien, es gibt viele grafische Betriebe und Verlage. Landwirtschaftsmessen, Pferdemessen und die internationale Weinmesse (Vinitaly) werden regelmässig abgehalten. Ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist der Fremdenverkehr. Verona verfügt über einen Flugplatz.
Geschichte: Verona, ursprünglich eine keltische Siedlung, wurde 89 v.Chr. römische Kolonie und eine der Residenzen Theoderichs des Großen (Dietrich von Bern). Seit dem 10.Jahrhundert gehörte die Mark Verona zum Herzogtum Kärnten, seit dem 12.Jahrhundert war sie freie Kommune, beteiligt an der Gründung des Lombardischen Städtebundes 1164. Unter Ezzelino da Romano war die Stadt in staufischer Hand. 1259 - 1387 übte die Familie Della Scala (Scaliger) die Stadtherrschaft aus; 1387 kam Verona an die Visconti von Mailand, 1405 an Venedig. Mit diesem wurde es 1797 österreichisch (starke Festung), 1866 kam Verona zum Königreich Italien.
Stadtbild: Die historischen Bauten von Verona gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe. Verona besitzt ein römisches Amphitheater (Arena, aus dem 1.Jahrhundert), ein römisches Theater (aus der Zeit des Augustus), römische Stadttore, die Kathedrale Santa Maria Matricolare (1187 geweiht, im 15./16.Jahrhundert umgebaut), die Kirchen San Zeno Maggiore (11./12.Jahrhundert) mit Campanile, Sant' Anastasia (13./15.Jahrhundert) und San Fermo Maggiore (Unterkirche 11./12.Jahrhundert, Oberkirche 13./14.Jahrhundert). Weitere Highlights sind der Palazzo della Ragione (1193, später verändert, Hauptfassade von 1524), das Casa di Giulietta (13.Jahrhundert), die Loggia del Consiglio (15.Jahrhundert), die Scaligerburg Castelvecchio (1354 - 75, heute Museum) und die Scaligerbrücke, sowie die romanische Kirche Santa Maria Antica mit den Scaligergräbern (14.Jahrhundert).


Veronas belebte Innenstadt
Wir parkieren auf einem vorgeschriebenen Platz an der Arena und stürzen uns ins Getümmel. Die Luft ist warm, es bläst ein angenehmer Wind und busweise werden Touristen an die Arena herangefahren, die anschliessend hinter ihrem 'Follow me' mit dem hoch erhobenen Schirm durch die Stadt hetzen. Eine ältere Dame beklagt sich lautstark, dass man in drei Tagen inkl. An- und Abreise aus Deutschland nichts habe von so einer Reise, ausser Stress. Recht hat sie, daher gehen wir erst einmal unseren geliebten kleinen Schwarzen auf der Piazza nehmen und beobachten das Treiben. Einen Rundgang schliessen wir an, bevor wir zu unseren Bikes zurückkehren. Dort treffen wir auf einen Biker aus Hamburg, der eine Spritztour vom Gardasee hierher unternommen hat und mangels Italienischkenntnissen und Karte nicht wieder aus der Stadt findet. Die Beschilderung im Zentrum ist wirklich mager. Wir bieten ihm an, sich uns anzuschliessen. So fahren wir zu dritt aus der Stadt hinaus gen Norden an den Lago die Garda.

Der Blick auf Malcesine....

....und über den Gardasee im Abendlicht

Schon nach wenigen Kilometern kriechen wir im Verkehr, der sich via Trento / Bozen in den Norden schiebt. Bei Affi, wo unsere Strasse nach Garda an den See abbiegt, wird es noch toller: Autos und Bikes zuckeln dicht an dicht, ich wusste warum ich den Gardasee lieber überhaupt nicht sehen wollte, als zur Hauptsaison. Aber wir sind eingeladen, da muss man dann durch.
Am See schliesslich stehender Verkehr. Wir kommen aus der Abgeschiedenheit des Apennin und sind diese Blechlawine und den Gestank nicht mehr gewohnt, nicht mal aus den Städten der Poebene. Überholen Fehlanzeige, da sich der Gegenverkehr ebenfalls kriechend im Dauerstau befindet. Und überall Polizia, die fleissig Falschparker aufschreibt. Nach einer Ewigkeit schaffen wir es zum vereinbarten Treffpunkt nach Castelletto zu gelangen, wo wir, umgeben von deutschen Lauten, nochmals den obligatorischen Espresso mit Aqua direkt am See trinken, bevor wir in unser Quartier hoch über dem Gardasee geleitet werden. Es geht ein abenteuerliches Strässchen am Monte Baldo hinauf. Der Blick von hier oben und die liebe Gesellschaft unserer Gastgeber versöhnt uns mehr als genug mit dem vorher erlittenen Kulturschock. Zu Füssen liegt der Gardasee in seiner ganzen Ausdehnung.
Nach einem vergnüglichen Essen auf der Terrasse und einem Feuerwerk am gegenüber liegenden Ufer, beschliesse ich autanverstärkt in der milden und warmen Luft im Freien zu nächtigen. Regen ist heute nicht mehr zu erwarten. Ein anhaltendes Wummern aus Diskothekenboxen, das über den See dröhnt, begleitet mich in den Schlaf.



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