Achter Tag:


 Borgonovo - Passo del Bocco - Passo di Montevaca - Bardi - Parma - Cremona (170 Km)

Nach dem gestrigen Abend hätte ich einen Brummschädel erwartet, der aber ausgeblieben ist. Recht früh sogar sind wir reisefertig, trinken noch schnell einen kleinen Schwarzen bei Christina in der Küche und verabschieden uns herzlich nach diesem Erlebnis italienischer Gastfreundschaft. Der Himmel ist schön, wobei über Oberitalien immer noch dichte Wolkenfelder hängen sollen. Hier merken wir nichts davon, der Tag verspricht ein schönes Bikeerlebnis. Wir nehmen den Weg über Borgonovo auf den Passo del Bocco, den wir heute ohne Nebel nach dem hier üblichen spassigen Gekurve auf 956m erreichen. Das Tal des Aveto haben wir hinter uns gelassen und kurven nun ins Taro-Tal hinab nach Nordosten, wir betreten wieder die Emilia Romagna. Es ist das pure Vergnügen, Kurve auf Kurve, Weitblicke und unter uns, teilweise zwischen hohen Felsen, der Fluss. Am Taro liegt das Städtchen Bedonia auf 500m ü.M. Bevor wir hineinfahren biegen wir links auf die S359 ab, die zum Passo di Montevaca ansteigt in nordwestlicher Richtung. Das kleine Strässchen ist schmal, aber griffig und gut asphaltiert. Bereits nach vier Kilometern ist die Passhöhe erreicht. Wir wechseln in das Tal des Ceno-Flusses. Dieser zeigt sich mit seinem Bett im oberen Flusslauf zwischen Felsen, die schluchtartig aufgetürmt sind und abwechselnd in sanfter Waldlandschaft. Er beschreibt in seinem weiteren Verlauf einen leichten Bogen Richtung Nordosten, dem wir folgen. Vor Parma mündet er in den Taro. Auf den umliegenden Bergen liegen die Dörfer wie hingemalt.


Borgonovo Ligure

Am Passo del Bocco....

....Abfahrt ins Taro-Tal

Der Passo di Montevaca

Im Ceno-Tal
Nach einer schönen Strecke von ca. 25km im Cenotal, fahren wir eine langgezogene Linkskurve und hinter einem Felsvorsprung taucht hoch über dem Tal thronend eine gewaltige Festung so unvermittelt auf, dass wir unwillkürlich vom Gas gehen: Die Burg von Bardi, der Rocca dei Landi. Beim Näherkommen wird das Bauwerk noch imposanter, wir machen eine kleine Pause, schauen und geniessen.
Im weiteren Verlauf des Ceno wird dessen Tal zunehmend breiter, wir können hinter Bardi bereits die Ausläufer des Apennin zur Poebene hin erkennen. Es wird flacher, die Strasse wird immer kurvenärmer, wir nähern uns Parma, das wir unbedingt nochmals bei schönem Wetter besichtigen wollen. An einer Kreuzung müssen wir uns entscheiden, ob wir einen Abstecher nach Salsamaggiore Terme, einen berühmten Badeort, unternehmen sollen. Wir entscheiden, erst mal nach Parma hineinzufahren, was wir auch flott tun. Hier geht es wieder ohne zu überlegen in die Fussgängerzone mitten in die Innenstadt, die recht menschenleer ist zu diesem Zeitpunkt. Eine Kontrolle der Polizia municipale passieren wir frech, als ob wir hier wohnen würden, ohne kostenträchtigen Zwischenfall.

Die Festung über Bardi

Die Ausläufer des Apennin und der Ceno

Die Stadt ist beeindruckend. Ein Zentrum der Kultur, Kunst und Lebensart in der Emilia Romagna. Wir schlendern durch die Stadt, besuchen die Hauptplätze, wie die Piazza Garibaldi und besichtigen den Dom aus dem 12. Jh., der uns sehr beeindruckt mit seinen Malereien, besonders die Kuppelfresken von Correggio sind eine Wucht. Neben dem Dom steht das romanische Baptisterium, das wir nur gegen ein Eintrittsgeld betreten können. Das gesamte Rund ist bis unter die Decke mit Malereien der christlichen Mystik bedeckt. Es ist eines der schönsten Beispiele der Gotik in Europa, wahrlich, diesem Eindruck muss ich mich anschliessen.
Nach so viel Kultur steht uns der Sinn nach den profanen Genüssen des Daseins und wir gehen in ein schmuckes Café in der Str. Cavour. Ich wundere mich schon die ganze Zeit über, dass es hier so leer ist und befürchte schon schreckliches bezüglich des Preisniveaus. Aber wir sitzen kaum 10 Minuten, da bevölkern sich die Plätze und Strassen. Aha, es war also einfach zu heiss und jetzt, am späten Nachmittag, kommt die Bevölkerung aus der Siesta. Typisch, nur Touristen rennen bei Gluthitze durch die südlichen Städte und verbrennen sich an Leib und Seele. Hätte ich wissen können. Es wird tatsächlich richtig voll und wir beobachten das Treiben auf der Gasse bei einem Thé freddo und einem Getränk, dass mit Eis und Kaffee aufgeschüttelt wir, delikat, sage ich. Die Zeit schreitet voran und wir haben die Qual der Entscheidung, wohin es nun weiter gehen soll: Mantua oder Cremona, beides einladende Städte. Die Entscheidung fällt zugunsten Cremonas, warum kann ich nicht mehr sagen.


Die Strassen....

....von Parma

Der Dom

Das Baptisterium

 Parma in Kürze:

Parma ist die Hauptstadt der Provinz von Parma und in der Emilia Romagna am Nordfuss des Apennin gelegen. Sie hat 167500 Einwohner, ist Bischofssitz, besitzt eine Universität (1065 gegründet), eine Konservatorium, Museen und Galerien. Industriell ist sie heute ein Zentrum mit Maschinenbau-, Schuh-, Textil- und pharmazeutischer Industrie. Musikinstrumentenbau ist hier hoch entwickelt. Einige italienische Berühmtheiten wie die Herstellung von Parmaschinken und Parmesankäse sind hier zuhause. Der grösste Nudelhersteller der Welt, Barilla, hat seinen Stammsitz in Parma.
Geschichte: Parma, eine etruskische Siedlung, wurde 183 v.Chr. römische Kolonie. Im Mittelalter häufig zwischen Guelfen und Ghibellinen umkämpft, kam es 1322 nominell an den Kirchenstaat, stand jedoch meist unter mailändischer und französischer (1500 - 12, 1515 - 21) Herrschaft. Die Stadt war 1545 - 1860 Hauptstadt des Herzogtums Parma und Piacenza. Seine Hauptblütezeit der neueren Geschichtsschreibung hatte Parma unter Marie Louise, Kaiserin von Frankreich, Tochter Kaiser Franz'II., die gegen ihren Willen 1810 mit NapoleonI verheiratet wurde. Nach seiner Abdankung erhielt sie die Herzogtümer Parma, Piacenza und Guastalla. 1821 heiratete sie ihren Oberhofmeister Graf Neipperg, nach dessen Tod 1834 Graf Bombelles. Sie renovierte die Stadt und führte sie in eine Epoche des wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwungs. Dafür verehrt man sie bis heute und veranstaltet regelmässig Gedenkfeiern, an ihrem Grab in Wien liegt immer ein Blumengebinde aus Parma.
Stadtbild: Romanischer Dom aus dem 12./13.Jh. mit einem Relief der Kreuzabnahme und Bischofskathedra von B.Antelami, einem Kuppelfresko von Correggio, mit frei stehendem Campanile (1284 - 94), daneben das romanische Baptisterium (begonnen 1196, Bau und Skulpturen von Antelami). Weitere Kirchen wie San Giovanni Evangelista (1498 - 1510, Barockfassade, Kuppelfresken u.a. von Correggio) und Madonna della Steccata 1521 - 39 mit Deckenfresko im Chor von Parmigianino. Prachthäuser wie der Palazzo della Pilotta (um 1583 begonnen, enthält die Galleria Nazionale und das Teatro Farnese (1618/19), es war lange Zeit das grösste Theater Europas, runden das Bild.


Der Po im Abendlicht
Als wir zu unseren Toeffs zurückkehren, herrscht ein unbeschreibliches Gewusel in der Innenstadt. Wo wir bei der Einfahrt noch ohne Behinderung die Fussgängerzone langfahren konnten, tummeln sich jetzt die Massen. Im Schrittempo zuckeln wir auf die Hauptstrasse zurück. ..."Bella macchina.." hören wir Jemanden sagen. Rainer glaubt im Ernst, dieser Ausspruch hätte seiner total verdreckten und braun-grau getünchten Transalp gegolten, soll er.
Wir fahren in der Poebene in die Abendsonne hinein, davor keuzen wir erneut die Via Emilia, die seit den Römern als berühmte Strasse der Emilia die Städte Piacenza im Norden und Cesena im Süden verbindet. Es ist warm und die Strassen sind hauptsächlich gerade, breit und laden zum Schnellfahren ein. Wir kommen dieser Einladung nach und erreichen rasch den Po, der nun wieder träge und schlammig in seinem Bett dahinfliesst. Auf der Herfahrt versank die Gegend im katastrophalen Dauerregen. Hier ist die Grenze der Provinz Parma, was an den Schildern, die das Ende der Herkunftsbezeichnung des Parmesankäses angeben, abzulesen ist. Wir haben mit der Überquerung des Flusses die Emilia verlassen und sind wieder in die Lombardei zurückgekehrt. Die Provinz von Cremona, die sich nun anschliesst, empfängt uns mit den verschiedenen Gerüchen der Massentierhaltung, was sich erst bei Einfahrt in das berühmte Städtchen der Geigenbauer ändert. Nach kurzem Fragen finden wir eine einfache Albergo mit einer Wirtin, die selbst Bikerin ist und uns von ihren Trips nach Germania erzählt. Eine einfache, aber gute Pizza mit Mineralwasser! bildet unser Nachtessen. Währenddessen kommt Rainer die Idee, Freunde am Gardasee anzurufen, die uns ein Einladung zur Übernachtung ausgesprochen haben, sollten wir in die Gegend kommen. Wir erreichen sie und vereinbaren ein Treffen für den nächsten Tag.


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