Malcesine - Madonna di Campiglio - Carlomagno - Tonale - Gavia - Foscagno - Bernina - Bergell (296 Km)
Nachdem gestern der Abend länger ausfiel, schlafen wir bis in den Vormittag hinein und starten nach einem gemütlichen Frühstück und einem herzlichen Abschied wieder. Das abenteuerliche Weglein führt uns am Monte Baldo entlang hinunter an den See - und zurück in den Verkehr. Wieder kämpfen wir uns Kilometer um Kilometer am Seeufer entlang, dann lichtet sich hinter Riva am Nordende des Lago di Garda die Situation und ohne grosses Verkehrsaufkommen nehmen wir den Aufstieg in die Alpen nach Madonna di Campiglio. Bis Sarche geht es das Etschtal hinauf, hier sieht man einige schöne Burgen über steilen Felsen thronen. Unser Weg führt uns weiter westwärts ins Sarca-Tal und bei Bolbeno in einer scharfen Nordwendung ins Valle Rendena. Das Gelände ist hochalpin. Um uns stehen die Gipfel der Brenta Gruppe, die sich über 3000m erheben und schroff ihre felsigen Flanken präsentieren. Die Strasse ist gut ausgebaut und steigt in dem langgestreckten Tal zuerst nur langsam, um vor Madonna di Campiglio in Serpentinen im Wald zu verlaufen. |
Im Sarca-Tal in... |
....der Brenta |
Wir befinden uns während dieses Aufstiegs bereits auf dem Pass Campo Carlo Magno im Trentino. Madonna di Campiglio ist ein auf 1522m liegender Ferienort, dessen Ortsbild sich gut in das umgebende Gelände einpasst. All zu viele architektonische Sünden hat man zumindest hier nicht begangen und wir erinnern uns mit Grausen an Aprica. Hinter Madonna erreicht man nach ein paar hundert Metern die Passhöhe des Carlo Magno auf 1682m. Karl der Grosse stand Namenspate für den Pass. Hier querte er die Alpen auf einem grossen Kriegszug. Wenden wir nun den Blick auf die umgebenden Berge aus 200 Millionen Jahre altem Kalkgestein mit geröllumlagerten Wänden: Das Brentamassiv. Wir stehen an den wolkenumhängten Westwänden des westlichsten Ausläufers der Dolomiten, nur abgetrennt durch das Tal der Etsch. Vor uns liegen die scharfen Zacken des Monte Spinale und der Cima di Croste. Von Rummel fehlt jede Spur und wir lassen die Seele baumeln. |
Am Campo Carlo Magno, die Brenta-Gruppe |
Ein sanfter Pass, Aufstieg nach Madonna d. C. |
Die Passhöhe.... |
Die Baumgrenze haben wir noch nicht
passiert und so geht die Abfahrt über schöne Kurven ins Wiesenland
des Melodriotales. Eine kurze Abfahrt ist es nur, ca. 8 Kehren sind zu
bewältigen und wir zweigen bei Dimaro links ins westwärts führende
Soletal, das weiter ins Val Vermiglio übergeht, auf den Passo del
Tonale ab. An Felswänden geht es nun entlang durch den Bergwald.
Die sanfte Landschaft wird zunehmend hochalpiner mit einem schönen
Ausblick auf das gegenüberliegende gletscherbedeckte Presanella-Massiv.
Die Strasse ist griffig und breit ausgebaut und es herrscht ein reger
Bikerverkehr. Nach dem genussreichen Aufstieg erfolgt an der Passhöhe
auf 1883m die Ernüchterung, ein mit Betonquadern, die v.a. im Winter
Behausung für Skifahrer sein sollen, zugestellter Horizont empfängt
den Reisenden, Aprica, obwohl nur halb so hässlich, lässt grüssen,
also flugs durchgefahren und am Abstieg, der sich wie die Auffahrt als
waldige Genussstrecke entpuppt, eine Osteria aufgesucht, die uns ein nettes
Mittagessen kredenzt.
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....mit den Brentazacken |
Blick vom Carlo Magno ins Melodriotal |
Auffahrt zum Tonale.... |
....eine Genussstrecke mit Aussicht (Presanella) |
Auf der Passstrasse herrscht reger Verkehr, es fahren alle Sorten von Motorrädern inklusive aller möglichen Fahrstile vorbei. Am besten gefällt uns ein Holländer auf einer Ducati, der in Fortsetzung fehlzündend den Berg herabschiesst und knallend im Wald verschwindet. Wir brechen auf und fahren flott weiter durch den Wald auf teilweise engen Serpentinen bis Ponte di Legno. Kastanienbäume und Lärchen säumen den Weg, wie so oft auf unserer Tour. In Ponte di Legno biegen wir scharf rechts, d.h. nordwärts ab auf den Gavia, der uns von der Provinz Brescia wieder in die Provinz Sondrio führt. Heute ist das Wetter völlig ungefährlich und wir wollten diesen Pass auf jeden Fall machen während dieser Tour. In unserem Rücken, gen Süden, liegt das beeindruckende Adamello-Massiv. |
Abfahrt vom Tonale vor Ponte di Legno |
Auffahrt zum Gavia |
Nach einer langen Geraden ins Waldgelände verengt sich die Strasse auf die Grösse eines Feldweges und führt steil in Serpentinen den Hang hinauf. So schön der Pass ist, so ungefährlich empfinden wir ihn. Er hat zwar die Dimension eines geteerten Waldweges, ist unbefestigt, aber mit dem anständigen Gehupe, das die Pkw vor engen Kehren anstellen, kann man immer rechtzeitig ausweichen. Der Aufstieg erweist sich teilweise als recht holprig, denn es wurden recht unförmige Regenrinnen in den Asphalt, der zudem noch löchrig ist, quer zur Fahrbahn eingelassen. Die beschriebenen Schotterabschnitte vergangener Tage sind nicht mehr vorhanden. Die Kurven sind im unteren Abschnitt sehr eng, sodass man streckenweise nur im Kriechtempo vorankommt. Über der Baumgrenze folgt eine langgezogene Hangtraverse, dann noch wenige Serpentinen und wir sind oben, auf 2621m. Unterhalb der südlichen Passhöhe und auf dem Pass selbst liegen zwei hübsche Seen, der Lago Nero, der gar nicht schwarz ausschaut und der Lago Bianco auf der Passhöhe, der auch nicht unbedingt einen weissen Eindruck vermittelt. Wahrscheinlich liegts am Licht. Oben geht der Blick zum Ortlermassiv, das nordöstlich steht, mit den schneebedeckten Gipfeln des Cevedale und der Königsspitze. Gegenüber liegt der Monte Gavia mit 3223m. Ein scharfer Wind weht hier oben und es ist kalt. Wir nehmen uns ein wenig Zeit und steigen von den Bikes. Nachdem der Wind aber zu sehr bläst, kürzen wir den Aufenthalt. Die Abfahrt gestaltet sich deutlich angenehmer als die Auffahrt, sowohl vom Strassenbelag, als auch von der Trassenführung her gesehen. Nur grasen hier Rindviecher, die die Strasse ohne Zäune queren können und diese folglich als ihr Revier betrachten müssen. Solch ein Rindvieh musste dann hier ausgerechnet seine Notdurft verrichten, in die ich vor lauter Gucken mitten hinein fahre. Platsch macht es, als der frische Kuhfladen aufspritzt und der Dampf, der anschliessend von meinen Auspuffrohren aufsteigt, hat kein Gourmetgeschmäckle. Im unteren Abschnitt bewältigen wir enge Kehren, die in den Wald zurück führen, um dann über die breit ausgebaute Strasse des Valfurvatales via Santa Caterina nach Bormio einzufahren. Unten im Tal ist es wieder herrlich warm, die nachmittägliche Sonne heizt nochmal kräftig. Bormio haben wir bereits besucht, sodass wir durchfahren. Livigno ist unser nächstes Ziel. |
Der Gaviapass.... |
....der Lago Nero unterhalb der Passhöhe |
Abfahrt unterhalb der Passhöhe |
Nun, was wäre das Leben ohne
Missgeschicke? Nach meinem Kuhfladenerlebnis folgt prompt ein weiteres,
diesmal ein echtes: Mir reisst der Kupplungszug. Bereits unmittelbar nach
den Wassergüssen in der Emilia hatte ich eine zunehmende Schwergängigkeit
der Kupplung bemerkt, aber insgeheim gehofft, noch heil damit nach Hause
zu kommen. Ich stehe nicht lange, als eine Gruppe italienischer Biker
zu Hilfe eilt und mir den Weg zu Bobo Moto weist, einer kleinen, gut eingerichteten
Werkstatt in Bormio, wo mein Missgeschick rasch und preisgünstig
behoben wird. Ein Kollege aus Gross Gerau steht schon drinnen und hat
eine neue Batterie bekommen. Unser Weg führt jetzt mit Verspätung
in der Abendsonne auf gut ausgebauter Strasse über den Passo di Foscagno,
immerhin auf 2291m gelegen, nach Livigno, dem bekannten Steuerparadies.
Man kann hier Duty Free einkaufen und tanken, der Sprit kostet tatsächlich
nur die Hälfte. Nach kurzem Halt nehmen wir den Weg Richtung Westen
auf die Forcola di Livigno oder auf deutsch den Livigno-Pass.
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Am Passo di Foscagno, Blick ins Val di Dentro |
Die Passhöhe des Foscagno |
Nach einigen langgestreckten Kurven am Hang erreichen wir die, am Pass auf 2315m Höhe gelegene, italienische Staatsgrenze, dahinter folgt eine wilde Landschaft mit nackten Felsen, aus denen die Erosion regelrechte Säulen ausgewaschen hat. Der Forcola führt in die Schweiz auf die Berninapassstrasse. Nach dem Grenzübertritt fahren wir das letzte Stück auf dem Bernina-Pass gen Engadin. Der Pass zieht aus einem gewaltigen Abbruch des Puschlav hinauf auf 2328m, ist gut ausgebaut und wir erreichen bereits nach wenigen Minuten die Passhöhe, die wie ausgestorben daliegt. Unter uns ist der Lago Bianco, der durch die Gletschermilch tatsächlich einen weisslichen Schimmer hat, mit der vorbeiführenden Trasse der Berninabahn zu sehen, immerhin die höchste Adhäsionsbahn der Alpen, darüber der Gletscher des Piz Cambrena. Ein Zug zuckelt durch und wir beginnen die Abfahrt ins Engadin im Kanton Graubünden, die sich im oberen Stück des Berninapasses wie eine Autobahn fährt, vorbei an der Diavolezzabahn. Nachdem wir wieder im Wald sind, tut sich eine grandiose Aussicht aufs Berninamassiv auf, die Gletscher- und Firngipfel glänzen regelrecht in der Abendsonne! |
Wilde Landschaft am Forcola di Livigno |
Der Bernina Pass nach Süden ins Puschlav |
Die Passhöhe mit Blick nach Norden ins Engadin |
Bernina-Massiv und Morteratschgletscher |
Von links nach rechts sieht man Piz Palü, Bellavista und Piz Bernina mit 4049m der östlichste Viertausender der Alpen. Wir gönnen uns eine Pause und schauen schweigend auf das vor uns liegende Schauspiel der Natur. Der Biancograt zur Piz Bernina soll der schönste Firngrat der Alpen sein, von hier aus gesehen stimmt das jedenfalls. Unterhalb des Aussichtspunktes gibt es einige Serpentinen, dann wieder eine lange Gerade. Es sind noch wenige Kilometer bis Pontresina, das mit mondänen Grand-Hotels protzt. Wir lassen es rechts liegen und biegen unterhalb nach links in südwestlicher Richtung ins Inntal ein. Eigentlich hatten wir vorgehabt, über den Albula in den Nordosten zu fahren, aber im Osten der Alpen sind wieder dichte Wolken aufgezogen, sodass wir in den Süden zurückkehren. Wir passieren St. Moritz, diesen in herrlicher Berglandschaft gelegegen Jet-Set Ort, ebenso die Abzweigung auf den Julierpass und kommen an die Oberengadiner Seenplatte. Bei Sils halten wir kurz, es ist inzwischen Abend und recht kühl geworden. Der Silser See, an dem schon Nietzsche Inspiration fand liegt paradiesisch da, eingebettet in diese göttliche Landschaft. Bei Maloja verlassen wir das plateauartige Oberengadin und fahren die Kehren des Malojapasses hinunter ins Bergell. Vor dem Ort Stampa finden wir ein günstiges schweizer Hotel und quartieren uns ein. |
Oberengadiner Seenplatte bei Sils Maria |