Fünfter Tag:


 Corvara - Cinque Terre - Corvara (30 Km)

Heute morgen sehen wir die Sonne am blauen Himmel, das Wetter ist deutlich besser als am Vortag. Die Aussichten sind für die nächsten Tage leider nicht so gut, das riesige Frontensystem verzieht sich nur ganz langsam nach Nordosten. Es regnet immer noch bis Rom hinunter. Wir haben dagegen an der Küste immer wieder Wolkenlücken und wollen heute die Cinque Terre besuchen. Die Dame vom Hotel empfiehlt, den Ausgang der Tour von ihrem Lieblingsort der fünf Erden zu machen, von Monterosso aus. Wir haben beschlossen, mit den Bikes dorthin zu fahren, dann per Schiff einmal um die Cinque Terre herum nach Riomaggiore, um dann mit der Bahn in die anderen Dörfer zu gelangen. Die Fahrt geht über Pignone in die Berge der Küste. Die Strasse ist gut ausgebaut und es macht wieder einmal einen Heidenspass, die leere Xj an ihre Grenzen zu fahren, was bei dem veralteten Fahrwerk zugegeben nicht schwer ist. Wir kommen über den letzten Bergkamm und haben plötzlich das unglaubliche Panorama Monterossos mit dem Meer und der Steilküste vor uns. Auf der schön geschwungenen Strasse fahren wir hinunter ins Dorf. Am Dorfrand steht Polizia municipale und weist die Parkplätze zu. Hineinfahren kann man nicht. Aber das ist kein Problem, man ist zu Fuss in 5 Minuten durch und am Meer. Monterosso ist wirklich schön. Das Dorf erwacht, Händler bauen ihre Marktstände in der morgendlichen Sonne auf, es beginnt richtig warm zu werden.


Monterosso....

....al Mare

 Die Cinque Terre in Kürze:

Fünf traumhafte Dörfer heissen einfach Fünf Erden oder Cinque Terre. Es handelt sich um eine künstliche, von Menschenhand geschaffene Küstenregion, die die malerischen Dörfer Monterosso al Mare, Vernazza, Corniglia, Manarola und Riomaggiore umfasst. Mit ungeheurem Aufwand wurde hier die Steilküste urbar gemacht, Erde herangeschafft und Terrassen für Olivenhaine und Weinbau angelegt. Der Wein wurde von Petrarca und Boccaccio gerühmt und bis England exportiert. Trotzdem blieb die Gegend ein armer Landstrich. Die kleinen Häfen, die zum Fischfang genutzt wurden, haben nur wenig Platz und die Fischer mussten ihre Boote an Land verstauen, was die Arbeit mühsam machte. Früher waren die Dörfer nur per Schiff oder über Saumpfade überhaupt erreichbar, Handelswege existierten somit nicht. Nach dem Bau der Eisenbahn an der Küste entlang verschwanden v.a. die männlichen Dorfbewohner in den Städten, um sich dort ein angenehmeres Leben zu machen. Die Küste begann zu verfallen. Erst in jüngster Zeit werden wieder grosse Anstrengungen unternommen, den Landstrich zu retten, was sich auch in den zahlreichen Patenschaften ausländischer Investoren niederschlägt, die mit ihrem Geld helfen, diese unvergleichliche Natur zu erhalten. Die Besiedelung der Dörfer war erst entstanden, als die Gebirgsbewohner keine Sarazenenüberfälle am Meer mehr zu gewärtigen hatten und man sich gefahrlos an der Küste etablieren konnte. Jedes der fünf Dörfer verfügt über eine Wallfahrtskirche aus dieser Zeit, die hoch auf den Felsen gebaut wurden. Die Dörfer waren früher im Besitz der reichen Genueser Familie der Fieschi und kamen 1276 zur Republik Genua. Erreicht werden die Dörfer heute per Schiff, es gibt einen schnellen Liniendienst, per Bahn oder über die Küste sternförmig per Auto oder Bike. Eine direkte Strassenverbindung gibt es nicht. Es lohnt sich daher das Fahrzeug entweder in Riomaggiore oder Monterosso abzustellen und per Schiff/Bahn auf die Erkundung der Dörfer zu gehen. Eine Besonderheit ist die Via dell'Amore zwischen Riomaggiore und Manarola, ein in den Felsen gehauener Weg über dem Meer, der v.a. von Liebespaaren geschätzt sein soll, aber auch für andere ohne Probleme begehbar ist, wie ich feststellen konnte. Im Sommer ist die Gegend überlaufen, Quartier ist dann knapp und sehr teuer. Wir hatten durch das 'schlechte' Wetter wohl Glück. Es war zwar voll, aber erträglich mit dem Touristenandrang. Man kann ohnehin nur vor Tourismushochburgen warnen: Im Hinterland (hier reichen oft nur 10km!) sollte man Quartier und Restaurants suchen. Die Kosten reduzieren sich deutlich und die Qualität wird sofort um Klassen besser.

Monterosso al Mare:
Der grösste Ort der Cinque Terre ist weitläufiger als die anderen Dörfer, er verfügt beispielsweise über zwei Buchten, eine ausgedehnte Uferpromenade, kleine Piazze mit arkadengesäumten Häusern und eine Vielzahl an Hotels. Hier finden sich die meisten Unterkünfte an der Cinque Terre. Neben der grossen Piazza steht hier das Kloster San Francesco mit Werken von van Dyck. Ein schönes Beispiel ligurischer Gotik ist die Kirche San Giovanni Battista aus Carrara-Marmor und grünem Sepertin aus dem 13.Jh. Ihr Turm war lange Zeit Wachtturm der Genueser Herren.
Vernazza:
Dieses Dörfchen ist wesentlich kleiner als Monterosso. Es verfügt über einen malerischen Hafen, in dem die Einheimischen und Touristen gerne baden, Postkartenidylle pur. Vernazza wird als das schönste der Dörfer der Cinque Terre bezeichnet. Farbenfrohe Häuser ergeben ein buntes Mosaik, so wie sie in die Felsen gebaut sind. Ebenso farbenfroh sind die Fischerboote, die in den Gassen gestapelt werden müssen. Besichtigen kann man die Kirche Santa Margherita di Antiochia, die etwas düster wirkt. Das beste Eis war in Vernazza zu bekommen.
Corniglia:
Dieses Dorf unterscheidet sich vor allem durch seine Lage von den übrigen: Ohne direkten Zugang zum Meer thront es rund 100m über dem Meer. Man muss immerhin 450 Stufen erklimmen, um nach Corniglia zu gelangen. Es erwartet den Besucher ein einladender Dorfplatz, ein herrlicher Panoramablick und Sehenswürdigkeiten, wie die gotische Kirche San Pietro mit der typischen Streifenfassade.
Manarola:
Hier stapeln sich die Häuser mehrstöckig den Hang herunter bis ans Meer. Das Dorf ist ein kunstvoll gestaltetes Labyrinth, das auf die Erkundung durch den Besucher wartet. Am kleinen Hafen stehen einige Restaurants mit den üblichen Touristenpreisen mit einem herrlichen Ausblick, zugegeben. Sehenswert ist die Kirche San Lorenzo, ein ehemaliger Genueser Wachtturm bildet auch hier den Glockenturm.
Riomaggiore:
Schmale Häuser, mehrstöckig von den steilen Hängen bis ans Meer herabziehend, kennzeichnen Riomaggiore. Auf den ersten Blick bunt durcheinandergewirbelt, herrscht doch eine farbenprächtige Ordnung, der man sich nur schwer entziehen kann. Der Besucher braucht viel Geduld, das ganze Gassengewirr zu erkunden. Von hier führt die Via dell'Amore nach Manarola. Hoffnungslos überlaufen im Sommer.


Geschmücktes Haus in Monterosso
In Monterosso besteigen wir ein Schiff des Liniendienstes nach Riomaggiore. So können wir die Dörfer von der Seeseite bewundern. Anschliessend wollen wir mit der Bahn jeweils von Ort zu Ort zurückfahren. Ein Tag ohne Bike, aber voll mit interessanten Eindrücken sollte es werden.
Das Schiff rollt gehörig in der von den Stürmen aufgewühlten See, wir müssen uns festhalten und das Fotografieren wird so etwas schwierig, das Ergebnis entsprechend schief. Die Dörfer sind pittoresk an den Hang gebaut und in ihrer Ausdehnung von der Seeseite gut zu sehen. Man bekommt einen Eindruck über die Schwierigkeiten, die die Bewohner früherer Tage mit dieser Geographie gehabt haben müssen.

Vernazza

Hoch über dem Meer: Corniglia

Manarola

Riomaggiore

Das Gassengewirr von Riomaggiore
In Riomaggiore gehen wir von Bord und schlendern entlang der Hauptstrasse durchs Dorf. Früher war hier ein Fluss gewesen, der überbaut wurde. Am Hafen liegen die Schiffe der Fischer bunt gemischt und gestapelt an Land, man hat keinen Platz im Hafen. Bei Bedarf werden sie mit Winden zu Wasser gelassen. Von den umliegenden Felsen springen Jugendliche ins Wasser und geniessen den warmen Tag. Das Wetter kapriolt wieder, es wird richtig finster über den Bergen, schwere Wolken ziehen heran, aber noch bleibt es schön über dem Meer. Wir beschliessen, vor dem zu erwartenden Regen weiter nach Manarola zu ziehen. Die Bahnverbindungen zwischen den einzelnen Dörfern ist ausgezeichnet, man fährt regelmässig alle 20 Minuten und der Fahrpreis ist günstig. Die Linie geht direkt am Meer entlang, meistens allerdings in Tunnels. Etwas nervig ist die Tatsache, dass man für jeden Streckenabschnitt eine neue Fahrkarte braucht, was bei grossem Andrang ein Problem werden kann.

Die Via dell'Amore bei Manarola
In Manorola setzen wir uns an den Hafen und genehmigen uns ein Fischgericht, teuer aber dieses Mal entgegen der Erwartung nicht schlecht. Anschliessend laufen wir auf der Via dell'Amore bis wir etwa die Hälfte der Strecke nach Vernazza geschafft haben. Hier gebietet ein Verbotsschild inklusive Stacheldraht die Umkehr. Teile des Weges sind abgerutscht und unpassierbar. So gehen wir den gleichen Weg zurück zum Bahnhof und fahren nach Vernazza weiter. Dieses Dorf ist wirklich sehr hübsch, fast noch enger gebaut, wie seine Nachbarn, schmiegt es sich an den Hang. Auf dem Weg zum Hafen, der klein und idyllisch daliegt, genehmigen wir uns ein sehr gut schmeckendes Eis, Gelato artigianale, wie das hier heisst, Eishandwerk, wahrlich der Meister versteht sein Handwerk. Am Hafen sitzen wir lange auf der Kaimauer und schauen den Badenden zu, bis es schliesslich zu tröpfeln anfängt. Die Wolken haben die Küste erreicht. Zeit zu gehen, Zeit den Weg zurück nach Monterosso einzuschlagen und uns langsam von der Cinque Terre zu verabschieden.

Am Hafen von Vernazza

Unser alternatives Fortbewegungsmittel

Eine Gasse in Monterosso

Corvara

Zurück in Monterosso trinken wir noch einen Caffé und machen uns dann gemächlich auf zu unseren Bikes. Wieder hat der Himmel aufgerissen, ist es trocken und warm geworden, sodass der Heimweg fahrtechnisch und ein Besuch einer Trattoria kulinarisch zum Vergnügen wird. Der herrliche Hochwald duftet und es lässt sich schön durch die Kurven kurbeln. Als wir am Abend unser Hotel erreichen, bemerke ich nach einer Dusche, dass die Geschäftsbedingungen, die in jedem Zimmer aushängen wohl mit dem Wörterbuch erstellt wurden, deutsch ist das was ich lese zumindest nicht. Es erinnert eher an eine schlechte taiwanesische Gebrauchsanweisung für Staubsauger. So machen wir uns bei mehreren Weinchen in der Hotelbar ans übersetzen. Nachdem wir fertig sind, schreibt die Dame der Kooperative für sich das Ganze nochmals ab und nach der letzten Korrektur wird unsere Version übernommen. Der Wein ging übrigens aufs Haus, was wir aber erst am nächsten Morgen an der Rechnung merken.



zurück
Page-Uebersicht
nach oben
zur Touruebersicht
weiter