Rostock / Rostock - Tallinn -- Fähre GTS Finnjet--
Heute ist ausschlafen angesagt. Wir haben keine Strecke zu machen und können uns in aller Gemütsruhe die Stadt anschauen. Nach einem ausgiebigen Frühstück checken wir aus, bepacken die Bikes wieder und laufen an die Warne, die quasi vor der Haustüre vorbeifliesst. |
Im Überseehafen von Rostock |
Einige kleine Anlegestellen locken
uns an und wir beschliessen, nachdem wir massig Zeit haben, eine Bootsrundfahrt
durch den Hafen und bis Warnemünde zu unternehmen. Eigentlich wollten
wir dorthin mit dem Motorrad fahren, aber das verschieben wir auf später.
Wie gerufen legt ein Rundfahrtkahn an und wir gehen an Bord. Der Himmel
ist noch recht blau, aber es weht zwischenzeitlich ein eisiger, scharfer
Wind. Dank der Motorradklamotten ist es allerdings wenig einschränkend.
Das Boot gleitet ruhig auf dem Fluss, dessen Mündungsgebiet der Überseehafen
von Rostock ist, dahin und wir hören einiges an interessanten Informationen
zur Stadt und zum Hafen. Hier liegen grosse Pötte vor Anker und wir
begegnen dem einen und anderen skandinavischen Fährschiff. Auf so
eines werden wir heute Abend rauffahren! Wir sind gespannt.
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Warnemünde von der Warne aus gesehen |
In Warnemünde dreht der Kahn
und fährt wieder zurück nach Rostock. Imposant ist die Skyline
der Hansestadt, von Warnemünde sehen wir allerdings nur das hübsche
Stadtbild vom Fluss aus. Es sollte unser einziger Eindruck bleiben. Wieder
zurück, sehen wir im Hafen eine Kuriosität aus dem Zweiten Weltkrieg
liegen: Da der Wehrmacht zunehmend das Material ausging und Metall für
Waffen benötigt wurde, baute man Frachtschiffe aus Beton, die offensichtlich
ebenso gut schwammen, wie ihre Vettern aus Stahl. Ob die Herrschaften
verschärft Wasser schöpften, entzieht sich allerdings meiner
Kenntnis. Nun plagt uns schon wieder der Hunger und wir beschliessen,
einem sehr bekannten Fischrestaurant, der 'Kogge' unsere Aufwartung zu
machen. Die 'Kogge' ist wie die damaligen Hanseschiffe eingerichtet, man
serviert sehr gute Fischgerichte, die wir uns schmecken lassen. Anschliessend
gehen wir in die Altstadt von Rostock.
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Die alte Hansestadt hat eine lange Geschichte. Handel und Schiffbau prägten die Stadt. Architektonisch herrschen Backsteinbauten vor, die auch nach den schweren Zerstörungen im 2. Weltkrieg noch zahlreich anzutreffen sind. Erwähnenswert sind die Marienkirche aus dem 13. Jh., die Nikolaikirche aus dem 14. Jh., das alte Rathaus mit Anteilen aus dem 15. Jh. und die alten Stadttore. Neben einer Universität gibt es noch Museen und Theater, die einen Besuch wert sind. Die noch zu DDR-Zeiten rege Hochseefischerei ist mittlerweile quasi zusammengebrochen, der Industriestandort in einer Krise. Davon merkt man in der Innenstadt nichts, sie ist voller wohlhabender Bürgerhäuser. |
Die Skyline von Rostock |
Ein Betonschiff aus dem 2. Weltkrieg |
Das Rathaus von Rostock |
Reiche Bürgerhäuser prägen die Innenstadt |
Während wir so schlendern und
gucken, höre ich in einem Café eine Radiodurchsage mit einer
Sturmwarnung für das nördliche Mecklenburg-Vorpommern. Schwere
Gewitter sind im Anmarsch. Richtig, der Himmel ist grau-schwarz zugezogen.
Es wird uns doch jetzt nicht noch kalt erwischen? Etwas schneller als
der Herweg gestaltet sich der Rückweg zu unseren Motorrädern.
Bis zum Überseehafen sind es noch ca. 20 Km. Also fahren wir etwas
zügiger als sonst, der Himmel ist mittlerweile gelb-schwarz und man
hört ein bedeutungsvolles Grollen des nahenden Gewitters. Noch kurz
getankt, dann zupfen wir ordentlich am Gashahn, die Eintopf-Enduro knattert
Richtung Überseehafen, den wir mit den ersten schweren Tropfen, die
jetzt fallen, erreichen. Noch kurz die Eincheckformalien erledigt, dann
finden wir Schutz im 'Terminal' des internationalen Hafens Rostock. Ein
mickriges Zelt, indem sich schon eine Menge Leute tummeln! Zum Glück
erwischen wir noch Sitzplätze, denn bis zur Abfahrt der Fähre
sind es noch Stunden, die wir nicht stehend verbringen möchten. Draussen
tobt mittlerweile das Unwetter und nach und nach treffen weitere Biker
ein, durchnässt und triefend bekommen sie nur Stehplätze, obwohl
wir zusammenrücken. Real lachhaft dieser 'internationale Überseehafen'.
Aus Berichten erfahren wir, dass es nur an der Küste noch trocken
war heute, überall anders tobte der Gewittersturm. Es war gut, dass
wir unserer inneren Stimme (oder dem Wetterbericht) folgend schon gestern
bis Rostock durchgefahren sind.
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Das 'internationale Terminal' Rostock |
Auffahrt auf die GTS Finnjet |
Aufziehender Sturm über der Ostsee |
Nach einigem woher und wohin stellt
sich heraus, dass ca. 40 Biker nach Finnland/Nordkap reisen und wir die
Einzigen sind, die in Tallinn von Bord gehen werden. Nachdem die Fähre
angelegt hat, ergiesst sich ein unendlicher Strom von Fahrzeugen an Land,
umgekehrt dauert es lange bis sie wieder beladen ist. Da wir als Erste
heraus müssen, dürfen wir als Letzte an Bord. Als das endlich
geschafft ist, beziehen wir unsere Plätze direkt unterhalb der Kommandobrücke,
sog. Schlafsessel, wenig komfortabel, aber bezahlbar und mit Blick in
Fahrtrichtung. Nachdem die GTS Finnjet abgelegt hat und Richtung Warnemündung
schleicht, nehmen wir ein üppiges skandinavisches Büffet zu
uns und lassen uns den französischen Rotwein schmecken. Draussen
wird es langsam Nacht und wir erreichen die Ostsee. Ein freundlicher,
sehr gut deutsch sprechender finnischer Biker, Yukka, der sich eine Bol
d'Or in Deutschland gekauft hat und auf dem Heimweg ist, erklärt
uns, dass die Finnjet die schnellste Fähre auf der Ostsee sei, zweimal
53.000 PS sorgen für eine Geschwindigkeit von etwa 46km/h. Er ist
sichtlich stolz und uns soll's nur Recht sein. Wir legen uns in unsere
Sessel. Endlich fällt die Anspannung etwas ab, es sind einige Biker
in der Kabine und es herrscht eine fast gemütliche Atmosphäre,
ich hänge meinen Gedanken nach, voller Erwartung des Kommenden. Während
draussen die Wellen höher werden und ein Sturmwind bläst, beschleunigt
die Finnjet merklich, ein leichtes und anhaltendes Vibrieren der mächtigen
Motoren ist die Begleitmusik für den aufkommenden Schlaf. Gischtfontänen
schlagen jetzt bis in den achten Stock des Schiffes herauf und an unserer
Scheibe rinnt das Wasser in Bächen herunter.
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Bisher fuhren wir durch bekannte Gefilde. Jetzt beginnt die eigentliche Reise.