Erster Tag    Stuttgart - Goms (Wallis), 461km

Erster Tag mit neuer Besetzung, die über Jahre halten sollte. Es ist eine kleine Truppe, die sich heute auf den Weg in die Alpen macht: Mein Freund Rainer mit seiner Kawa und meine Wenigkeit. Wir starten erst gegen 11:00 Uhr, nehmen den Weg von Stuttgart über Tübingen, Hechingen, Sigmaringen, Ravensburg an den Bodensee bei Lindau. Ein schöner Tag voll Sonne. Rainer kommt von Wiesbaden und wir unternehmen einen gewagten Versuch: Er hat zwar schon seit Jahren den Biker-Führerschein, aber noch nie eine Tour dieser Kategorie gemacht. Mir ist daher etwas mulmig zumute, den Wiedereinstieg ins Motorradleben mit so einer Tour zu begehen. Immerhin warten Alpenpässe der gehobenen Schwierigkeit auf uns. Es wird hoffentlich gut ausgehen das! Die Landstrasse ist wenig befahren, wir haben schöne Ausblicke auf die schwäbische Landschaft, Schloss Hohenzollern bei Hechingen, in Sigmaringen, das Donautal und schliesslich den 'Schussen nab' zum Bodensee. Hier wollen wir eigentlich ausgiebig bei strahlendem Wetter am See sitzen und gemütlich zu Mittag essen, aber der Touristenstrom, der zu dieser Zeit den See bevölkert ist dieses Jahr noch eine Kategorie heftiger als sonst, wir stecken im Dauerstau, nach Lindau hinein ist kein Durchkommen, sodass wir uns abseits ein ruhiges Plätzchen suchen. Nach einer kurzen Rast mit einem Käffchen fahren wir über Bregenz und St. Margreten in die Schweiz, dort ein kurzes Stück auf der Rheintalautobahn südwärts und ab Chur dann in westlicher Richtung bis Bonaduz. Weiter gen Süden kämen wir zur Via Mala, was wir aus Zeitgründen nun leider nicht mehr schaffen. Den Abzweig nach Flims/Laax und Disentis lassen wir bei Reichenau, dem Ort am Rheinzusammenfluss, unberücksichtigt und fahren weiter die paar Kilometer nach Bonaduz. Von hier kommt man auf die attraktivste Weise ins Vorderrheintal. Ein Landgasthof wird zur Zwischenstation und nach einem Abendessen folgen wir der Strasse von Bonaduz Richtung Versam-Ilanz. Auf diesem Weg liegt das erste Highlight der Tour: Die Vorderrheinschlucht. Wir fahren also durch ein Wäldchen, die Strasse geht über eine lange Gerade wenig steil bergan, danach folgen nur wenig Kurven und wir stehen unvermittelt am Grand Canyon der Schweiz.

Die Vorderrheinschlucht bei Versam, rechts die Bahntrasse

Im Hintergrund sieht man den Felssturz über Flims
Tief hat sich der Rhein in das Tal gefressen, steil ragen die Felsen des graubündnerischen Naturschauspiels auf beiden Seiten auf. Gegenüberliegend sieht man in der Ferne die Felsabbrüche über Flims. Unten im Tal fährt am Fluss entlang die rhätische Bahn von Chur nach Disentis. Interessanterweise hat man einen Bahnhof in die Schlucht gebaut, der nur zu Fuss zu erreichen ist. Unser Strässchen windet sich in engen Kehren an der Schlucht entlang, der Blick nach unten ist atemberaubend und wunderschön. Über eine kühne Brückenkonstruktion mit Holzboden (Schrittempo) geht es und anschliessend steil bergan über Kehren nach Versam, anschliessend durch Wiesen bis Ilanz. Die Landschaft lässt hier schon nicht mehr vermuten, welch tiefe Schlucht unweit von hier zu finden ist.

Der Weg führt über eine kühne Brücke

Eingangs der Schlucht, Blick rheinaufwärts
Bei Ilanz treffen wir wieder auf die einzige, nach Westen führende gut ausgebaute Kantonsstrasse und folgen ihr bis Disentis, dem kleinen Städtchen, bei dem die Strassen des Lukmanier- und Oberalppasses zusammenkommen. Rechts am Hang liegt das berühmte Kloster, das wir aber nicht besichtigen, es ist schon spät und wird bereits dunkel. Der Oberalppass stellt keine besonderen fahrerischen Ansprüche, obwohl er sehr hübsch zu fahren ist. Durch Muster und Sedrun führt die Strasse, einige enge Kehren noch und wir stehen auf der Passhöhe auf 2044m. Hier ist es im August in der Abenddämmerung doch schon recht kühl und so fahren wir weiter, jetzt im Kanton Uri, auf gut ausgebauter Strasse parallel zur Furka-Oberalp-Bahn hinunter nach Andermatt. Der Abstieg birgt einige Kehren, ist aber problemlos zu meistern. In Andermatt tanken wir kurz, fahren dann weiter in südwestlicher Richtung, vorbei an Hospental, wo der Gotthard abzweigt. Es wird jetzt langsam Nacht und der Furkapass erwartet uns. Sehen tun wir nichts mehr und so fahren wir vorsichtig ins Wallis, ins Goms hinein, durch die kleinen Dörfer des Oberwallis, wo unser Abendmahl von Freunden, die uns erwarten, in bekannter Gesellschaft schon wartet. Der Tag war für meinen Co doch recht anstrengend, hat er schliesslich seit Jahren wieder zum ersten Mal eine längere Strecke auf dem Bike zurückgelegt. Aber wenn es so weiter geht, wird die Tour ein Erlebnis werden! Die Eindrücke des heutigen Tages waren vielversprechend.


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