Stuttgart - Ulm - München - Fernpass - Landeck - Reschenpass - Glurns (513 Km)
Gegen schlechtes Wetter kann man nichts machen, das ist bekannt, eine Binsenweisheit. Aber nach dem Studium der Wetterkarten und -vorhersagen hoffte ich doch auf einen Wettergott mit gnädigen Absichten und mit wettergöttlichen Möglichkeiten das Unmögliche, nämlich gutes Wetter, möglich zu machen. Nach den Regentagen des Vorjahres im Baltikum freuten wir uns eigentlich auf den warmen Süden. Der Juni dieses Jahres war gekennzeichnet von subtropischen Verhältnissen mit feuchter Hitze und schweren Gewittern, alles in allem war er ein vielversprechender Sommeranfang. Im Juli folgte dann leider die übliche Ernüchterung mit feuchter, kühler Dauerberieselung von oben. Unser Tourtermin stand aber schon fest und dieses Mal war erneut Italien an der Reihe. Für diese Region waren die Aussichten allerdings düster. Grosse Tiefdrucksysteme vereinigten sich gerade über dem Stiefelland. Über viele Jahre hinweg ist es zu meinem Lieblingsland konvertiert. Mir liegen die Menschen, das Klima, die Landschaft, der attraktive Wechsel zwischen unglaublich lebendigen und schönen Städten und beinahe gemalten Landschaften halt besonders. So habe ich Rainer nicht lange überreden müssen, wieder dieses Land zu bereisen. Vorweg: Es kam alles anders. Unsere ausgearbeiteten Roadbooks der ursprünglich geplanten Route fielen dem Wetter zum Opfer, trotzdem wurde es eine vergnügliche Reise, die durch die äusseren Umstände nur zeitweise tangiert war, obwohl sie fast Opfer einer Naturkatastrophe geworden wäre. Wir werden daher in zwei Jahren weiter in den Süden vordringen und die Landschaften der Marken, Umbrien und das Latium besuchen. Nächstes Jahr geht es wieder, wie alle zwei Jahre, in den Osten. |
Der Morgen des Abreisetages, ein Samstag Mitte Juli, präsentiert sich nicht nur wolkenverhangen, sondern auch noch dauerregnend. Ich habe keine grosse Lust, mich in die Regenkleidung zu zwängen, aber es hilft nichts, mein Kompagnon, der jedes Jahr als Reisebegleiter eine wichtige Rolle in meinem Urlaubsalltag spielt, wartet schliesslich auf der Schwäbischen Alb, wo wir uns verabredet haben. Ein kurzer, aber intensiver Abschied von meiner besseren Hälfte und ich fahre auf meiner guten alten XJ zum Albaufstieg. Hinter Kirchheim wird es Gott sei Dank trocken und ich treffe Rainer, der fröhlich aus seinem Goretex-Outfit blickt bei Gruibingen, einem kleinen schwäbischen Kaff am Albaufstieg. Wir trinken einen kurzen Kaffee und beschliessen, die Autobahn zu nehmen, ursprünglich wollten wir durch Oberschwaben fahren, aber das ist bei diesem Wetter wenig attraktiv. Hinter Ulm höre ich nochmal den Wetterbericht, der für das Allgäu anhaltenden Regen vorhersagt. So fahren wir weiter auf der Autobahn Richtung München - Garmisch, nur weg aus diesem Wetter! Es hat wieder zu regnen begonnen und ab dem Starnberger See kommt es gussartig ohne Unterlass von oben. |
Tropfnass: Am Reschen im Regen |
Schwere Wolken über dem Inntal |
Man sieht teilweise die Hand vor Augen nicht und die spritzende Gischt der vorausfahrenden Fahrzeuge strengt die Konzentrationsfähigkeit gehörig an. So quälen wir uns Richtung Fernpass. Die - an sich schöne - Strecke sieht im Regen eher düster aus, die umgebende alpine Kulisse versteckt sich hinter grauen Schleiern. Nach Garmisch passieren wir die österreichische Grenze und kommen nach Ehrwald am Fusse des Wettersteinmassivs. Durch meinen, für italienische Verhältnisse gedachten, Jethelm rinnt das Wasser langsam unter den Regenkombi und ich bin pausenreif. Wir entscheiden uns für den Gasthof 'Bayerischer Hof', einen gutbürgerlichen Landgasthof, der unmittelbar an der Strasse liegt. Triefend betreten wir den Gastraum, der, bis auf ein älteres norddeutsches Ehepaar, leer ist. Mittagspause. Unser Auftritt vermittelt offensichtlich eine erbärmliche Situation und weckt die Nächstenliebe der Wirtsleute. Man bietet uns umgehend an, unsere Klamotten in den Trockenraum zu verfrachten und uns am Mittagessen der Familie zu beteiligen, was wir nach einem heissen Tee auch gerne annehmen. Die Wirtin ist studierte und promovierte Germanistin aus Frankreich und aus Gründen der Amour am Zugspitzmassiv gelandet. Sie erzählt uns aus ihrem reisereichen Leben und wir tauen nicht nur äusserlich auf in dieser liebenswürdigen Gesellschaft. Als wir aufbrechen sind die Kleider halbwegs abgetrocknet, meine Sturmhaube trieft aber immer noch vor Nässe. Madame verschwindet und kommt kurze Zeit später wieder mit einer Skihaube zurück, warm und trocken, die sie mir schenkt. So präpariert fahren wir weiter im Dauerregen. Man erwartet in einer Touristenhochburg eine solche Zuwendung nicht! Bedankt haben wir uns angemessen, selbstverständlich. |
Der Fernpass ist überlastet, wie nicht anders
zu erwarten in der Hauptsaison, aber er ist die kürzeste Verbindung
in den Vinschgau. Unsere ursprünglich geplante Strecke via Vorarlberg
über die Silvrettahochalpenstrasse wäre bei diesem Wetter ein
böses Gegurke geworden. So kriechen wir ab Biberwier hinter Gespannen
(Oranje-Teams), Wohnmobilen und Bussen drein. Von der Zugspitze sieht
man rein gar nichts. Jedesmal, wenn ich hier durchfahre, liegt sie in
den Wolken, vielleicht habe ich eines Tages doch mal das Glück, sie
zu sehen, ich hoffe es jedenfalls. Die Radarfalle der österreichischen
Ordnungshüter an der Passhöhe lässt uns, eingekeilt zwischen
zwei Reisebussen, kalt. Die Abfahrt ins Inntal gestaltet sich besser,
hier ergeben sich unterhalb der Kehren doch einige Überholmöglichkeiten.
Weiter geht es ab Imst auf der Landstrasse inntalaufwärts nach Landeck.
Vor Landeck biege ich fälschlicherweise links auf die Autobahn ein
und kurze Zeit später erreichen wir einen langen und vor allem trockenen
Tunnel, der uns etwas abtrocknet. Unsere österreichischen Mitbürger
mögen mir verzeihen, aber wir haben diese Fahrt ohne Pickerl auf
ihrer Autobahn genossen, wie selten zuvor eine Strasse! Hinter dem Tunnel
wieder das alte Bild: Nässe allerorten. |