Wilkasy - Allenstein - Osterode (140 Km)
Nun heisst es Abschied nehmen, unser
Weg führt uns quer durch Polen wieder zurück nach Deutschland.
Das Wetter ist schön und wir machen uns gespannt auf den Weg durch
dieses schöne Land. In Ostroda müssen wir allerdings eine etwas
klappernde Transalp reparieren. Hoffentlich hält die Kette bis dahin.
Unser Weg führt uns über Nikolaiken, das heutige Mikolajki,
dem Hauptort des Masurentourismus. Hier setzen wir uns noch einmal an
den grossen Spirdingsee und sehen den auslaufenden Segelbooten zu. Es
herrscht grosser Betrieb. Auf dem zentralen Platz steht das Denkmal des
Stintkönigs, ein Fisch der der Sage nach für immerwährenden
Fischreichtum in den umliegenden Gewässern sorgt. Während wir
den Ort und die Umgebung fotografieren, machen das die Einheimischen umgekehrt
mit unseren Motorrädern. Auf der Hauptstrasse Nr. 16 fahren wir weiter
gen Westen. Hier herrscht deutlich mehr Verkehr auf der Transitstrecke
für den gesamten Warenverkehr zwischen Ost und West.
|
Mikolajki |
Es gibt in Polen, bis auf wenige Ausnahmen
um Industriezentren herum, keine Autobahnen und die Hauptstrassen befinden
sich oft in einem erbärmlichem Zustand, tiefe Löcher und enge
Passagen durch Dörfer hindurch behindern den Verkehr. Hinzu kommt
noch das hierzulande häufig zu beobachtende rücksichtslose Gebaren
mancher Zeitgenossen, für die Motorradfahrer nicht zu existieren
scheinen. Manchmal sind wir zu haarigen Manövern gezwungen. Es macht
so nur teilweise Spass. Aber mit der nötigen Aufmerksamkeit geht
es dann doch recht gut und wir kommen durch das Städtchen Biskupiec
(Bischofsburg) nach Olsztyn (Allenstein) im Ermland. Der Weg führt
an wenigen kleinen Seen vorbei, die Landschaft ist leicht hügelig,
ab und zu durchfahren wir ein kleines Wäldchen und sehen einen kleinen
See. Wir sind immer noch in Masuren, das erst hinter Osterode endet.
|
Flaniermeile in Allenstein: Die Staromiejska |
Das Hohe Tor |
Das neue Rathaus |
Allenstein und das Ermland in Kürze:
Bis zum zweiten Weltkrieg war Allenstein ein kleines Städtchen mit
50.000 Einwohnern. Heute ist die Stadt dreimal so gross und ein bedeutendes
Kultur- und Industriezentrum in Nord-Ost-Polen. Bevor man die Altstadt betritt,
sieht man das im Neurenaissancestil erbaute neue Rathaus. Vorzugsweise beginnt
man eine Begehung am Hohen Tor, dem einzig erhaltenen Teil der mittelalterlichen
Befestigung. Man gelangt hierdurch in die, nach den schweren Zerstörungen
des zweiten Weltkrieges, deren Zeuge Lew Kopelew war, wiederaufgebaute kleinflächige
Altstadt. Rechts und links biegen verzweigte Gassen ab und nach einem kurzen
Fussmarsch bergab steht man an den Ufern des Flüsschens Lyna. Neben
dem Geburtshaus eines der bedeutendsten deutschen Architekten, Erich Mendelsohn,
sollte man bei seinem Rundgang die Burg, die Jakobikirche aus dem 14. Jh.
und das Planetarium, das zu Ehren von Nikolaus Kopernikus gebaut wurde,
dessen Originalschriften in der Burg zu sehen sind, besichtigen. Das umliegende Ermland hat seinen Namen von einem der prussischen Stämme, die hier lebten, den Warmiern, daher heisst es auf polnisch Warmia. Seine Spitze reicht bis an das Danziger Haff, verbreitert sich nach Süden dreieckförmig bis südlich Allenstein, dem Hauptort der Region. Politisch hatte das Bistum eine bleibende Sonderstellung unter denn jeweiligen preussischen oder polnischen Regierungen durch die Jahrhunderte, bis 1772 die erste polnische Teilung dem ein Ende setzte. Der Bischof war gleichzeitig auch weltlicher Herrscher des katholischen Landes. Eine konfessionelle Grenze verlief zu Ostpreussen, das evangelisch war. Die Einführung der allgemeinen Schulpflicht 1871 führte zur Germanisierung und Assimilierung der polnischsprachigen Bevölkerung. Die heutigen, übriggebliebenen und nach 1945 nicht vertriebenen Ermländer verstehen sich daher als deutsche Minderheit. Es sind noch etwa 10.000 Menschen. In den Masuren liegend, enthält der Landstrich nicht nur eine reiche Vielfalt an Natur mit vielen Seen, sondern auch eine Reihe von interessanten Orten, Schlössern und Klostern. Bei Tannenberg steht ein Denkmal, das an die Schlacht gegen die Ordensritter erinnert, die nach dem Sieg der vereinigten polnisch-litauischen Verbände in der grössten Schlacht des Mittelalters zum Untergang des Deutschen Ritterordens führte, dessen Vormachtsstellung im Baltikum und Polen damit zerschlagen wurde. Tannenberg steht in der deutschen Geschichte auch für den Sieg der Reichswehr gegen die Russen 1914. Diesem Datum wird allerdings heute nicht mehr gedacht. Im Ermland liegt auch der Zuchtort der berühmten Trakehnerpferde. |
Wir essen auf dem Marktplatz in einem
Café eine Kleinigkeit, da kommt ein junger US-Amerikaner an unseren
Tisch, der einen Trip durch Europa macht und fragt mit besorgtem Blick,
ob wir englisch sprechen. Als wir bejahen, hellt sich seine Miene auf
und er fragt uns erleichtert einige Dinge zu der Gegend, in der er sich
befindet. So gut wir können geben wir Auskunft. Er kann es nicht
fassen, in einem Land zu sein, in dem niemand englisch spricht. Und richtig,
diese Erfahrung machen wir auch dauernd. Die Lingua Franca hier ist wohl
nach wie vor russisch. Wir brechen auf und fahren wieder in der spätnachmittäglichen
Sonne auf der Nr. 16 die 30 Kilometer bis Ostroda. Vor dem Städtchen
sehen wir das Symbol des polnischen Campingclubs und biegen auf eine Sandpiste
in den Wald ab. Nach wenigen Kilometern kommen wir so an einen idyllischen
See, an dessen Ufer hübsche kleine Blockhäuser stehen, die man
für wenig Geld mieten kann, und quartieren uns für eine Nacht
ein. Den Rest des Abends verbringen wir in der freien Natur in herrlich
ruhiger Umgebung und entspannen uns, während einige polnische Jugendliche
unsere Motorräder besteigen, um sich gegenseitig zu fotografieren.
|
Die Burg von Allenstein |
Unser Quartier.... |
....an einem See bei Ostroda |