Erster Tag:


 Stuttgart - Wiesbaden - Bad Nauheim - Fulda - Rhön - Schmalkalden (Thüringer Wald) (440Km)

Heute morgen ist es endlich soweit: Nach all den Vorbereitungen, dem Literaturstudium und den Recherchen kann's losgehen. Das Wetter ist der Jahreszeit angemessen, bewölkt aber trocken und warm. Meine aufgetakelte DR knattert -nach einem ausgiebigen Abschied von meiner Liebsten- mit ihrem bekannten Eintopf-Sound von Stuttgart aus gen Norden. Die Kette ist 30.000 km alt geht mir noch so durch den Kopf, ob sie durchhalten wird? Es war wohl ein Fehler, sie nicht erneuert zu haben, obwohl der Werkstattmensch beteuerte, sie sei in Topzustand. Spanner nicht mal auf Halbmast. Meine Bedenken werden sich leider bewahrheiten, doch davon weiss ich ja noch nichts. Überhaupt war es eine grundsätzliche Überlegung, die mich die Enduro wählen liess, da ich sonst mit meiner XJ gefahren wäre, aber wir hörten doch Schreckliches über die Strassen in Osteuropa, von tiefem Schotter, vielen und grossen Löchern im Asphalt war da die Rede. Und ich muss sagen, die Entscheidung für eine Enduro war rückblickend richtig gewesen. Viel haben wir gelesen, viel haben wir gehört über die grandiosen Landschaften und Städte, die uns erwarten aber auch über evtl. Schwierigkeiten, die einen Wessi mit all seinen Ansprüchen an das Leben im Allgemeinen und die Bedingungen einer Reise im Besonderen erwarten können. Ich freue mich auf diese Tour, die aussergewöhnlich werden sollte. Aber Eins nach dem Anderen:
Ich habe meinen jährlichen Tourbegleiter und guten Freund Rainer in Wiesbaden abzuholen, von wo aus wir gemeinsam das Abenteuer Osten unternehmen wollen. Da wir heute noch in den Thüringer Wald möchten, nehme ich die Autobahn, die gottseidank leer ist und komme nach etwa zwei Stunden langweiliger Fahrzeit von Stuttgart in Wiesbaden an. Hier erwartet mich ein ausgiebiges Frühstück, nach dem wir uns dann zügig auf den Weg machen, da eine Schlechtwetterfront naht. Hinter Wiesbaden wartet der Taunus, den wir in nordöstlicher Richtung auf gut ausgebauten Strassen über Idstein, Bad Nauheim und Nidda unterhalb des Vogelberges nach Fulda durchfahren. Dort besichtigen wir den Dom, bevor es weiter nach Nordosten geht in die Rhön hinauf. Das Wetter grollt zwischenzeitlich etwas ungnädig, es ist bewölkt, bleibt aber weitgehend trocken. Wir fahren auf der Bundesstrasse bis Hünsfeld und weiter nach Rasdorf, bevor wir auf kleine Nebenstrassen ausweichen und den Weg über Geisa nach Osten nehmen. Hier wird das Wetter wieder friedlich, die Sonne scheint, es ist sogar recht warm und wir erreichen über kurvige und kleine Strassen verschlafene Orte wie Rosa oder Werneshausen und am frühen Abend den Kurort Schmalkalden.

Der Dom in Fulda

Fachwerkpracht in Schmalkalden
Unterwegs haben wir die ehemalige Grenze zur DDR überfahren, ohne auch nur noch eine Spur der zwischenzeitlich abgebauten Anlagen in der Landschaft zu sehen. Allerdings sind die in den Einfahrten geparkten Trabis ein klares Indiz, dass wir die damalige Staatsgrenze passiert haben. An unserem Tagesziel, in Schmalkalden, erwartet uns ein ausgemacht hübsches Stadtbild mit alten Fachwerkhäusern, die mit ihrer Geschichte weit zurückreichen und wir geniessen einen abendlichen Spaziergang. Das Städtchen hat übrigens eine bedeutende Geschichte hinter sich: Der Schmalkaldische Bund ging von hier aus, er war ein Zusammenschluss verschiedener protestantischer Städte in Hessen und Sachsen gegen den deutschen Kaiser, die 1547 blutig von diesem unterworfen wurden. Im zentral gelegenen Hotel 'Grünes Tor' finden wir ein schönes und preisgünstiges Zimmer, das angeschlossene Restaurant sorgt für ein gutbürgerliches Essen mit lokalen Spezialitäten. Wir sind nicht die einzigen Motorradfahrer hier, es kostet schon ein bisschen Geduld beim Einparken, da noch ca. 10 Maschinen im Hof herumstehen. Ich ja bin zugegebenermassen kein Biertrinker, aber mein Kompagnon ist ganz begeistert von den lokalen Bierbraukünsten. Man spricht hier übrigens einen fränkisch klingenden Dialekt (wo wir doch näselnde Sachsen erwartet hatten!). Die Nacht schlafen wir tief und fest.


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