Sechster Tag    Carry-le-Rouet - Arles, 156km


Fähren ersetzen im Rhônedelta die Brücken
Wir erleben heute wieder einen schönen Morgen, das Wetter soll laut Wetterbericht stabil bleiben in Küstennähe. Also machen wir uns in aller Frühe auf den Weg Richtung Nord-Westen in die Camargue. Von Carry führt eine Landstrasse nach Norden an den Etang de Berre, bei Martigues überqueren wir auf der Autobahn den Canal de Caroline und fahren Richtung Nordwesten über Fos s. Mer auf der Route Nationale grob Richtung Arles. Es stinkt. Man riecht die petro-chemische Industrie, die sich hier ballt. In der Ferne sehen wir riesige Öltanks. Na, lecker. Und es bläst. Und wie! Der Mistral, dieser ablandige Wind des Rhônetals, hat uns gepackt und schüttelt uns gehörig. Nach etwa 15km stelle ich fest, dass Kartenlesen eine Kunst für sich ist und wir den Abzweig verpasst haben. Also fahren wir zurück. Bei La Fossette biegen wir im zweiten Anlauf rechts ab zur Fähre, die hier im Rhônedelta die Brücke ersetzt. Der Kassierer der Fähre hat ein gutes Herz und lässt uns umsonst fahren. Nach ein paar Kilometern erreichen wir die grossen Salinen von Salin de Giraud.

An den Salinen, die Punkte sind tatsächlich Flamingos
Es bietet sich ein völlig anderes Bild, als ich es erwartet hatte: Trübe Tümpel, wohin das Auge blickt. Weit und breit kein Salzberg oder wenigstens ein salinenangemessenes Farbenspiel. Wir fahren weiter in nordwestlicher Richtung in die Camargue hinein. Wieder diese Karte (oder der Kartenleser)! Bei Salin d. G. verpasse ich doch glatt zum zweiten Mal an diesem Tag eine Abzweigung. Mit Folgen. Wir landen mitten in den Salzseen auf einer getrockneten Schlammpiste mit riesigen Löchern. Ca. 10km später bin ich völlig entnervt, da meine dämliche, vollgepackte Strassenmaschine einfach nicht die entsprechende Geländegängigkeit haben will. So kurve ich im Schritttempo, mehrfach aufsitzend, um die teilweise riesigen Löcher herum und verfluche mein Schicksal. Noch denke ich, dass wir uns auf der regulären Route befinden. Und Dank des Mistral staubt es auch überhaupt nicht.

Ein fröhlicher Endurist in öder Gegend
Links und rechts stehen Flamingos im seichten Brackwasser der Etangs, sie können mir gestohlen bleiben. Etangs sind übrigens salzwasserhaltige Binnenseen. Mein werter Begleiter kann auf seiner Transe meine Laune nicht verstehen. Ich schicke ihn vor. Wenn ich schon koche, dann wenigstens alleine. Nach unendlichen Kilometern im Schrittempo erreiche ich bei Beauduc das Meer. Wieso Meer? Wir wollten doch ganz woanders hin. Erschrocken stelle ich fest: Sackgasse. Mein lieber Rainer, der das Drama meiner schlechten Laune mannhaft über sich ergehen lässt, lädt mich in ein Strandlokal ein, eigentlich ist es eher eine Bretterbude. Aber dieses Taboulé, ein Couscous-Salat mit wirklich frischen Meeresfrüchten, entschädigt für alles! Deutlich besser gelaunt steige ich mit gehörigem zeitlichen Vorsprung auf meine Karre und fahre die Sch...strecke zurück. Merke: Nach Salin de Giraud erste Möglichkeit rechts! Sieht aus wie ein Feldweg, ist aber die reguläre Strasse, sonst landet man im Nirgendwo.

Der Etang de Vaccares, der grösste seiner Art
An dem verpassten Abzweig endlich angekommen stelle ich fest, dass Herr Rainer fehlt. Er muss auf der Rückfahrt hier vorbeigefahren sein, also warte ich in sengender Sonne. Ein schwitzender Fahrradfahrer nähert sich, fährt an mir vorbei und wendet den Kopf. Nachdem er mein Kennzeichen gesehen hat, wendet das Ganze und unter französischem Himmel tönt mir ein solider Schwabengruss entgegen. Er ist unterwegs von Stuttgart nach Nordafrika. Als mein Co endlich angeknattert kommt, verabschieden wir uns herzlich, er hat ja noch eine gehörige Strecke vor sich, und fahren auf der richtigen Strasse weiter mitten in die Camargue, ins Naturreservat hinein. Am Etang de Vaccares sehen wir die berühmten wilden Pferde und auch Stiere. Nach einem Käffchen in der Nähe von Romieu fahren wir weiter nach Arles, checken in ein Hotel ein, nach einer Dusche und befreit von Ballast töffeln wir ins Zentrum. Arles zeigt sich von seiner Sonnenseite. Was für eine Stadt! Wie in Aix ist hier alles durchdrungen von Kultur und Geschichte. Die Stadt, die Vincent van Gogh verewigt hat. Wir fühlen uns sofort unglaublich wohl. Durch die Gässchen fahren wir ins Zentrum parken in der Rue de l'Hotel de Ville und gehen auf eine ausgedehnte Schlendertour mit diversen Besichtigungen.

Die Place de la Republique in Arles
Was gibt es zu sehen? Da ist das alte römische Forum, Ruinen des römischen Theaters, die Kathedrale, die Place de la Republique und last but not least das heute noch betriebene Amphitheater. Von hier aus hat man einen wunderbaren Blick auf die gesamte Stadt und die Rhône. Nicht zu vergessen die vielen geschmückten Innenhöfe und die kleinen Lädchen mit Kunsthandwerk, wobei mir die provençalischen Töpfereien besonders gefallen haben. Zu guter Letzt setzen wir uns ins Cafe de la Nuit, dem van Gogh ein bildliches Denkmal gesetzt hat. Nachdem es Abend geworden war, genehmigen wir uns eine 'echte' Bouillabaisse Marseillaise, obwohl die Franzosen heftig streiten, was denn nun eine 'echte ist, denke ich, dass man sie so, wie wir sie bekommen haben -Fische und Kartoffeln separat, sowie Fischsuppe, Rouille, Croutons und Käse dazu- durchaus als echt bezeichnen kann, jedenfalls ist die Suppe so etwas Anderes, als die gekochten Fischabfälle, die häufig dem Unkundigen als Bouillabaise verkauft werden. Es hat grossartig geschmeckt.
A r l e s
1   - St. Trophime mit Kreuzgang10 - Espace van Gogh
2   - Römisches Theater11 - St. Cesaire
3   - Amphitheater12 - Musee de l'Arles Antiques
4   - Notre-Dame-la-Major13 - Place du Forum / Cafe de la Nuit
5   - Mittelalterliche Stadtmauer14 - Dominikanerkirche
6   - Place de la Republique mit Rathaus15 - Konstantinsmuseum
7   - Lapidarium16 - Musee Reattu
8   - Kryptoportiken17 - St. Julien
9   - Museon Arlaten 

In den Strassen von Arles...

....das Cafe de la Nuit

Marktgedränge

Die Dominikanerkirche

Am Amphitheater

Geschmückte Innenhöfe

Der Blick vom Amphitheater über die Stadt und die Rhône

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