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Ein kurzer Überblick über die polnische Kunstgeschichte:

Wer nach Polen fährt, der wird von einer grossen Vielfalt kultureller Güter empfangen und auf seiner Reise begleitet.

Polen ist reich an Kunstdenkmälern aus tausend Jahren. Es finden sich Strömungen aus Ost und West, die sich zu einer einzigartigen Symbiose verbanden. Wer genau hin blickt, wird allerdings bemerken, dass man von 'polnischer Kunst' nur sehr schwer sprechen kann. Künstler aus aller Herren Länder, die von Königen, Adligen und reichen Bürgern beauftragt wurden, schufen Kunst, Paläste und Kirchen. Italiener und Deutsche, Franzosen und Niederländer erwarben sich hierbei die grössten Meriten. Paradoxerweise traten polnische Kunstschaffende erst in Erscheinung, als der polnische Staat bereits nicht mehr existierte. Sie trugen mit ihren Werken entscheidend dazu bei, dass sich ein nationales polnisches Bewusstsein entwickelte.

Etwa um das Jahr 1000 n. Chr. löste Stein die alte Lehmbauweise in Polen ab, neue zivilisatorische Techniken eroberten das Land. Man errichtete erste romanische Kirchen, die etwas kleiner und schmuckloser waren, als ihre westlichen Pendants. Erhalten sind davon nur wenige, wie z.B. die Andreaskapelle auf dem Krakauer Marktplatz.

1178 errichteten deutsche Zisterziensermönche ihr erstes Kloster in Wachok und benutzten Stilelemente der Gotik, eine Neuerung. Sie wurden typisch für nachfolgende Bauten in Trebnitz, Heinrichbau und Leubus. Es entstanden die gotischen Backsteinkathedralen von Krakau, Gnesen, Posen und Breslau. Sie signalisierten das Selbstbewusstsein des wiedervereinigten Königreiches (s. 'Geschichte'). Aus jener Zeit stammen auch die heute 'Adlerhorst' genannten Burgen an der schlesischen Grenze, die Kazimierz III. errichten liess und von denen heute nur mehr Ruinen übrig sind. In der Königstadt Krakau errichteten die Baumeister geistliche und weltliche Bauten aus Backstein, wie das Collegium Maius (Zentrum der Universität) und den Rathausturm.

Der erste Jagiellonenkönig, dessen Reich bis weit in die Ukraine reichte, führte erste Elemente orthodox-byzantinischer Kunst ein. Holzkirchen mit zwiebelförmigen Kuppeln und die Fresken der Lubliner Burg stehen beispielhaft für diesen Einfluss.

Einen besonderen Weg ging die Gotik in Schlesien, das seit 1335 nicht mehr zu Polen gehörte. Man fügte reiche Verzierungen und Blendwerk an die Backsteinmauern an und hob die vorgegebene Strenge damit auf.

Veit Stoss, der Nürnberger Meister begründete mit seinem einmaligen Kunstwerk, dem Altar der Marienkirche in Krakau, den Übergang zur Neuzeit. Die Gemahlin des Königs Zygmund I., die Italienerin Bona Sforza brachte die Renaissance in Polen zum erblühen. Der Florentiner Berecci schuf in Krakau eine königliche Residenz mit eleganten Arkaden. Im Gefolge Bereccis entstanden zahlreiche Kirchen und Paläste durch Fiorentino, Gucci, Padovano und viele mehr, Adlige und Reiche liessen sich Denkmäler, Grabmäler und Manches mehr errichten.

Mit den Jesuiten kam der Barock ins Land. Ein offensives Bauprogramm erbrachte kunstvolle und mächtige Kirchen, die die Macht des Klerus symbolisierten. Die Krakauer Peter und Paul - Kirche sowie zahlreiche schlesische Klöster sind ein Beispiel der Krönung europäischer Baukunst.

Mitte des 18. Jh. und im 19. Jh zog der Neoklassizismus, Elemente des Neobarock und ein beliebiger Stilmix ein, der nur von wenigen Architekten, wie dem preussischen Karl Friedrich Schinkel, der zahlreiche Schlösser gestaltete, durchbrochen wurde. Am Ende des 19. Jh. setzte sich in Krakau, Warschau und Lodz der Jugendstil durch.

Eine eigene originär polnische Stilrichtung entstammt dieser Zeit, der an das Gebirge angepasste sog. Zakopane-Stil.

Der sozialistische Realismus mit seinen monströsen Bauten und seiner im ganzen ehemaligen Ostblock gleichen Plattenbauromantik stellte den letzten einschneidenden und von Fremden ins Land gebrachten Stil der Neuzeit dar. Neben diesen Scheusslichkeiten moderner 'Gebrauchsarchitektur' erwarben sich die Polen einen weitreichenden Ruf als Meister der Restauration. Die in weiten Teilen in Trümmer liegenden Städte wurden nach dem Zweiten Weltkrieg zum Teil in mühevoller Kleinarbeit nach Originalunterlagen wieder hergestellt, man kann nur voller Hochachtung den Wiedererbauern Tribut zollen, wenn man der herrlichen restaurierten Architektur heutiger polnischer Innenstädte begegnet. Wo Originalpläne Opfer von Krieg und Zerstörung wurden, wurde allerdings sehr frei und auf alt getrimmt neu erbaut. Die ehemalige freie Reichsstadt Danzig liefert hierfür ein Beispiel.

Neben diesen deutlich sichtbaren Zeugen der europäischen Kulturvergangenheit Polens existieren natürlich noch zahlreiche weitere Kunstgegenstände, die man besuchen sollte. In der Bildenden Kunst sind es v.a. die Maler des Landes, die sich in den Dienst der Nation als Kulturschaffende gestellt haben. Sie feiern glorreiche Momente der polnischen Geschichte, Kriege und Aufstände. Ein besonderes Beispiel ist der Nationalmaler Matejko, der die Schlacht von Grunwald, die Preussische Huldigung (zeigt den Hochmeister des Deutschen Ordens knieend vor Zygmund) oder die 'Lubliner Union', die Unterwerfung des litauischen Adels, in monumentalen Bildern zeigt. Hiervon unterscheiden sich die Maler der polnischen Moderne doch deutlich, sie warfen den nationalistischen Ballast in ihren Werken ab und suchen Anschluss an die Moderne des Westens. Relativ unbehelligt von der Zensur konnte sich die Bildende Kunst als eine eigene Kunstform entwickeln, die bis in unsere Tage ihre Bedeutung hat. V.a. die Plakatkunst, die bissig, subversiv und provozierend das polnische Gesellschaftsleben begleitet, hat sich einen Namen gemacht.

Eine Besonderheit ist die Volkskunst, die ihre Herkunft aus einer bäuerlichen Vergangenheit hat und tief im christlichen Glauben wurzelt. Häufiges Motiv ist der leidende Christus und die weinende Maria. Etliche Freilichtmuseen, wie die in Oppeln oder Sanok zeigen eine reichhaltige Kultur aus geschnitzten Bauernstuben und naiven Malereien.

Nicht vergessen sollte man den polnischen Film, der so bekannte Regisseure wie Roman Polanski hervorgebracht hat. Auch hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen dem Monumental-nationalistischen, das z.B. in heroischen Bildern den Kampf der polnischen Ulanen auf ihren Pferden gegen deutsche Panzer zum Epos stilisiert und dem Gesellschaftskritischen, das bis zur fröstelnden Darstellung der Verrohung unserer Zeit reicht, wie es Kieslowski in seinem Werk 'Ein kurzer Film über das Töten' zeigt.

Die Kunstschätze und Besichtigungs-Highlights von Städten und Regionen erfolgen in den Tourenbeschreibungen.

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