Kulturell hat man erstaunlicherweise
Einiges zu bieten in dieser Region. Berühmte Kirchen- und Orgelbauer
sind im Oberwallis zu Hause gewesen, kirchliche Fürsten mit weltlicher
Macht prägten den Staat bis in die Neuzeit. Wenige romanische, dafür
um so mehr gotische und barocke Kunst trifft man im gesamten Wallis an.
Viele Kirchen lohnen einen Besuch, ebenso Burgen und Schlösser. Besonders reich sind die vielen Sagen und Märchen des Landes, sie sind voller Geistergeschichten. Sogenannte Boozen, d.h. Bergdämonen, spielen ihr z.T. böses und tödliches Spiel mit den Menschen, ein Spiegel des Kampfes der Bergbewohner mit den Naturkräften. Aber nicht nur. Man kann, wenn man das seltene Glück hat, das Vertrauen eines alten Bergbewohners zu erringen, noch von Begebenheiten hören, die sich im Erleben der Menschen in grosser Not und Gefahr abgespielt haben. Von Prozessionen armer Seelen über Bergkämme ist da die Rede, aber auch von vielen guten Geistern, von Marienerscheinungen, die Menschen und Tiere aus akuter Gefahr in den Bergen gerettet haben. Es sind aber nur noch einige Wenige, die von solchen Erlebnissen in Bergnot berichten können, wie ich im Mattertal hörte, zu oft wurden sie verlacht, wurden die Visionen zur Ausgeburt intellektuell einfach strukturierter Fantasten abgestempelt. Unsere Zeit ist ja so aufgeklärt, als 'kulturellen Ausgleich' zu den Spinnereien der Altvorderen hinterlässt sie oft genug Trümmer und Zerstörung, man nennt das wohl Fortschritt. Daher verstummen sie, die Zeugen der Vergangenheit. Einer Vergangenheit, der man sich im Wallis neuerdings besinnt und jetzt in einem Projekt immerhin diese Geschichten sammelt. Eindrücklich lebt der alte Geisterglaube auch in den kunstvoll geschnitzten Dämonenmasken des Lötschentales, den Tschäggättä, weiter, die zur Fasnacht v.a. die Kinder in Angst und Schrecken versetzen. Das Essen im Wallis ist von der bäuerlichen Kultur geprägt, es glänzt mit einer einfachen, aber ehrlichen und sehr schmackhaften Küche, diese weist die kulinarischen Charakteristika einer bis ins 20. Jahrhundert abgeschlossenen Region auf, die Gegend ist ja erst in der Neuzeit Transit- und Touristenland geworden. Jedes Seitental, ja manchmal sogar jedes Dorf, wartet mit seinen eigenen Gerichten auf. Neben anderen Walliser Spezialitäten gibt es natürlich Käsegerichte in allen Variationen: Käseküchlein, Käseschnitten und Käseplatten. Gemüse wird mit Käse gereicht, hier empfiehlt der Kenner den Walliser Spargel, in dieser Form zubereitet ein Genuss! Man rühmt sich nicht umsonst, das Raclette erfunden zu haben, das unbedingt in der Originalform genossen werden muss -geschmolzener Alpkäse + Cornichon + Silberzwiebelchen + Kartöffelchen-, am besten noch über dem offenen Feuer zubereitet und vom Racleur mit einem Messer samt Rinde breit abgeschabt mit einem - oder mehreren - Gläschen Fendant. Ein Genuss, der Zeit und Gesellschaft verlangt! Keinesfalls hat die bei uns übliche Art, in Pfännchen mit einer Menge den urtümlichen Geschmack des Käse verwischenden Zutaten so eine Art Pseudo-Raclette zuzubereiten, einen annähernd authentischen Anspruch, das ist nur ein billiger Nachbau! Wer's nicht glaubt ist selbst schuld! Wirklich. Aber über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Auch das Fondue mit seinen Variationen ist im Wallis heimisch. Jede Region hat ihren für Kenner unverwechselbaren Käse, der aus Rohmilch zubereitet wird und auf den Almen reift. Allerdings sind schon Grossmolkereien mit der industriellen Produktion von Käseeinheitsware aus pasteurisierter und breit zusammengeschütteter Milch für die Massenproduktion auf dem Markt. Schade. Wer auf die Almen / Alpen kommt muss sich neuerdings nicht wundern, wenn er als 'Amtssprache' auf dem Berg Schwäbisch, Sächsisch oder Berlinerisch vernimmt. Diese Laute haben breiten Einzug gehalten, nachdem den Einheimischen die mühselige Almwirtschaft zu aufwändig wurde, man verdient als Skilehrer und Sportgeschäftsinhaber halt leichter und mehr. Ohne die deutschen Bergler wären einige Almen bereits geschlossen worden. Häufig sind es gutsituierte Zeitgenossen, die für eine Saison aus ihrem Bürodasein entfliehen und den Alm-Öhi darstellen. Weitere Gerichte, die man unbedingt probieren sollte sind: Backofensuppe, Wild und Fisch in allen Variationen, - die französische Bouillabaisse ist auch im Unterwallis heimisch - sowie jede Menge Desserts und Kuchenparaden. Etwas Besonderes ist ein gemütliches Vesper mit einen 'Walliser Teller', zu dem ein weiteres herrliches Lebensmittel gereicht wird: Das Walliser Roggenbrot, wahlweise mit Walnüssen. Der Teller enthält in jedem Fall eine weitere Spezialität: Das Walliser Trockenfleisch, ein dem Bündnerfleisch vergleichbares, an der Luft getrocknetes Rindfleisch, das in kleinen Portionen genossen ein regelrechtes Aromafeuerwerk im Gaumen zündet. Am Abend wird vielerorts 'Gsottus', Gesottenes, gereicht, ein kräftiger, wohlschmeckender Eintopf. Vom Grill kommt Lammgigot oder rezentes Schafsfleisch. Auch Vegetarier müssen nicht darben, sie bestellen einfach eine Quiche Valaisanne, ein Tomaten-Käse-Kuchen, der sicher für neidische Blicke sorgen wird. Da das Wallis die Obst- und Gemüseregion der Schweiz ist, bekommt man alles, was die Natur in diesen Breiten zu bieten hat frisch und z.T. am Strassenrand zu kaufen. Gemüsesuppen während der Saison, hier besonders die 'soupe aux feves', die Bohnensuppe, sollte man unbedingt probieren. Im Herbst wird, neben frischem Wild, Rotkraut mit Kastanien serviert, lecker! Wer zu dieser Jahreszeit im oberwalliser Dörfchen Mund etwas Besonderes erstehen will, dem sei der dort produzierte Safran ans Herz gelegt. Vielerlei intensiv duftende Alpenkräuter runden den Kanon der Gewürze ab. Kommen wir jetzt zu den drei Grossen des Wallis, die von den Römern eingeführt wurden und das Wallis zum führenden Weinkanton der Schweiz gemacht haben: Fendant, Dôle und Johannisberg, die Weine der Region. Vorherrschend ist eindeutig der Weisswein, der auch bevorzugt getrunken wird. Die Reben wachsen beiderseits des sich nach Südwesten breit öffnenden Rhônetals auf sonnigen Matten bis auf 1200! m Höhe. Der berühmte, z.T. über hundertjährige Gletscherwein aus Visperterminen und dem Val d'Anniviers, der Heida, verdient besondere Erwähnung. Er reift in grossen Eichenfässern und es wird jeweils nur die Menge, die aktuell entnommen wurde, durch jüngeren Wein ersetzt, sodass das hohe Alter erklärt ist. Der Fendant ist der Liebling der Region, er wird am meisten produziert und genossen. Gekeltert aus der Chasselas-Traube ist er ein typischer und nur im Wallis anzutreffender, trockener Weisswein, der vorzüglich zu Raclette oder Fondue schmeckt. Der bekannteste Rotwein ist der Dôle, er setzt sich aus der Gamay-Traube und dem Pinot-Noir zusammen. Es ist ein harmonischer, abgerundeter und bukettreicher Wein, der v.a. im Herbst ausgezeichnet zu den regionalen Wildspezialitäten passt. Schliesslich der Goron, ein trockener, leichter Tafelwein, aus denselben Trauben gekeltert, aber mit deutlich weniger Alkohol. Also: Immer etwas Zeit für eine Weinprobe im Wallis mitbringen, die man in entsprechendem Ambiente, in Kleinkellereien und gemütlichen Trinkstuben, den Carnotzes, geniessen sollte. Zuletzt darf ein Hinweis auf die zahlreichen Marcs, Williams und andere Brände nicht fehlen, die ein üppiges Walliser Mahl beschliessen können. |