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Estland auf einen Blick:
Hauptstadt
Tallinn (Reval)
Einwohner
1,5 Mio
Sprache/Verständigung
Estisch ist Amtssprache, russisch kann zwar jeder, wird aber oft abgelehnt.
Mit Englisch kommt man v.a. in Tourismusbüros oder Hotels so lala durch, deutsch wird kaum gesprochen
Unterkunft
Schöne, preisgünstige Hotels, viele Möglichkeiten zum campen oder sich Blockhütten für wenig Geld zu mieten, oft in traumhafter Lage. Man gibt sich grosse Mühe, den Gast zufrieden zu stellen
Strassenverhältnisse
Motorrad
Hauptstrassen sind gut asphaltiert, Nebenstrassen sind manchmal noch Schotterpisten, es gibt keine Autobahnen.
In den Städten trifft man nur auf eine sparsame Beschilderung
Estland stellt wenig fahrerische Ansprüche.
Kaum Verkehr. Viel ruhige Natur, viel Wald und Landwirtschaft, grosse Seen im Osten. Motorradservice in allen grossen Städten.
Tankstellen
Grosses Angebot an Markenbenzin, v.a. Neste und Statoil
Essen und trinken
Gutbürgerliche Spezialitäten, vergleichbar mit guter mitteleuropäischer Küche dominieren den Speiseplan und natürlich Fischgerichte
Man serviert traditionell rustikale Gerichte mit Kartoffeln, Speck, Kohl und Getreidegrütze. Die Gelegenheiten estnische Küche zu erleben wird leider zunehmend seltener, aber es lohnt sich, sollte man ein Angebot finden
Klima
Mildes Seeklima an der Küste, stabiles Kontinenalklima im Landesinneren, im Sommer sind häufige kurze Schauer nichts Ungewöhnliches, die Sommer sind warm 17°-30°C
Beste Reisezeit
Juni (v.a. Juli/August) - September
Feste und Feiertage
Zur Hauptreisezeit:
23. Juni: Tag des Sieges
23./24. Juni: Johannistag
20. August: Unabhängigkeitstag
Währung
Estische Kronen = 16EEK/1Euro
Sehenswertes
Sandpisten und kleine Strassen entlang der Ostsee, Via Baltica, lange Alleen. Seen im Osten, grossartige Städte: Tallinn mit mittelalterlicher Altstadt und sehenswerter Umgebung (Kadriorg), Pärnu alter Badeort, Tartu alte Universitätsstadt.
Links
http://www.tourism.ee
Baltisches Informations- und Tourismusbüro Berlin
siehe auch 'Reise-Infos' für weitere Informationen wie Einreisebestimmungen, Verkehrsregeln, Zoll etc.

Eine kurze Einführung:

Estland ist der kleinste der baltischen Staaten. Es liegt am weitesten im Norden und ist gleichzeitig auch das am dünnsten besiedelte von allen baltischen Ländern. Seine zerklüftete Ostseeküste und die vor dem Festland liegenden Inseln bescheren Estland eine Küstenlänge von sage und schreibe rund 3794 Kilometern. Das Staatsgebiet umfasst eine Fläche von ca. 45215 Quadratkilometern und ist damit grösser als Dänemark oder Belgien. Es erscheint eben besonders klein, wenn man auf der Karte den Vergleich zu dem übermächtigen Nachbarn Russland sieht, unter dessen Hegemonie Estland oft genug gelitten hat. Begrenzt wird es im Osten von einer grossen Seenfläche, dem Peipus-See, der die Staatsgrenze zu Russland bildet. Im Süden grenzt es an Lettland. In Estland leben rund 1,5 Millionen Menschen, davon ca. 62% Esten, die restlichen sind Russen, Weissrussen und Ukrainer. Diese wurden während der Besatzung und Okkupation von der Sowjetregierung angesiedelt. Die heutige Amtssprache, die das Russische abgelöst hat, ist estisch, eine finno-ugrische Sprache, die sehr schwierig zu erlernen ist. Verwandt ist sie mit dem Finnischen und Ungarischen. Zurückverfolgen lässt sich die Besiedlung durch estische Vorfahren bis etwa 2500 v. Chr. Anfang des 13. Jahrhunderts unterwarf der deutsche Ritterorden im Verbund mit den Dänen die Region und machte aus den Esten nach zähen und langdauernden, blutigen Kämpfen kurzerhand Leibeigene. Die Hauptstadt Tallinn (Reval) ist eine dänische Gründung aus dieser Zeit. Die Stadt war Mitglied des mittelalterlichen Bundes der Hanse und so zu Wohlstand gekommen, was sich an der heute noch sichtbaren reichen Architektur ablesen lässt. Im weiteren Verlauf der Geschichte wurde Estland abwechselnd von Deutschen, Russen, Dänen, Polen und Schweden unterworfen. Im Jahre 1721 verleibte sich das Zarenreich endgültig das Land als Provinz ein. Im Rahmen der Lockerungen, die der Zar im 19. Jahrhundert zuliess, wie z.B. die Abschaffung der Leibeigenschaft, entwickelten die Esten zunehmend ein nationales Bewusstsein, das, wie überall in Europa, zu nationalen Bewegungen führte. Das durch die russische Revolution entstandene Chaos nutzten die Esten zur Proklamation einer souveränen Republik im Jahre 1918. Dies führte prompt zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit Russland, aus denen die Esten allerdings als Sieger hervorgingen und somit ihre Unabhängigkeit behaupten konnten. Ohne ihr Zutun wurde das Land 1939 im Hitler-Stalin-Pakt zwischen den beiden Diktatoren zur Verhandlungsmasse und Hitler überliess Estland der Sowjetunion, die es sich 1940 einverleibte. Damit war die mühsam errungene Souveränität für lange Zeit in einer brutalen Diktatur untergegangen. Die im Land lebenden Deutschen, es waren nur ca. 17.000, wurden vom braunen Diktator, zum Teil unter Zwang, 'heim ins Reich' geholt und damit eine lang andauernde Phase des multikulturellen Zusammenlebens und gegenseitigen Nutzens beendet. In Estland herrschte von je eher aufgrund der wechselhaften Geschichte mit den unterschiedlichsten aber vielfältigen kulturellen Impulsen ein tolerantes Klima gegenüber nationalen Minderheiten. So konnte nach 1925 Jedermann seine nationale Zugehörigkeit selbst bestimmen, dies war ihm von Gesetzes wegen ausdrücklich erlaubt. Zudem konnte jede Minderheit ihre Kultur leben, ihre Schulen haben etc. Heute noch sieht man an vielen Gebäuden z.B. deutsche Inschriften und kann die Nachlässe der ehemaligen deutschen Selbstverwaltung besichtigen. Deutscher heisst auf estisch 'Sakslane', was soviel wie Sachse bedeutet, da die meisten Einwanderer des 13. Jahrhunderts aus Niedersachsen kamen. Der Begriff Saks, der neu entstand heisst aber auch Herr und zeigt, wie die Esten über lange Zeit von den deutschen Herren ausgebeutet wurden, die sie als Leibeigene für sich schuften liessen. Unsere Sprache war über Jahrhunderte bis 1918 auch Amtssprache in Estland, davon findet man heute allerdings nichts mehr. Auch die Kirchen, wie die weiterführenden Schulen, waren, wenn nicht russisch dominiert, oft in deutschem Besitz, wie z.B. die grösste Kirche Tallinns, auch stellte die deutsche Minderheit bis 1918 alle Landpastoren, die auch die Sprachen estisch und lettisch kodifizierten, im Land. Heute leben die ehmaligen Deutschbalten verstreut über die ganze Welt. Unterhält man sich mit Älteren, kommt gleich der Wunsch nach einem EU-Beitritt zur Sprache, wobei hier der Gedanke der Absicherung Richtung Osten im Vordergrund steht, die Jüngeren dagegen sind nach der Erfahrung mit der Sowjetunion eher einem Beitritt abgeneigt.

Kulturell zwar v.a. von den Deutschen und den Skandinaviern geprägt, bewahrten sich die Esten ihre eigenen finno-ugrische Grundzüge. Sie sind bekannt für ihre Herzlichkeit und Gastfreundschaft, die wir einige Male wohltuend erfahren durften. Ich habe noch nie so viel winkende Menschen, ob nun Kinder oder Erwachsene, am Strassenrand erlebt! Die Menschen sind sehr offen und kommen spontan auf einen zu, man braucht also keine Sorge haben mangels Kontakt einzutrocknen. Hinzu kommt noch ein besonders musischer Zug, der allenthalben zu beobachten ist und uns hie und da zum schmunzeln gebracht hat, denn der sprichwörtlichen Sangeslust der Esten konnten wir tatsächlich nicht entrinnen: Lieder, die aus vollem Herzen aber manchmal halt ohne exakte Tonreinheit vorgetragen werden. Sonst sind die nationalen Sängerfeste sicher ein Event, dem man mit Genuss beiwohnen kann, sollte sich die Gelegenheit dazu ergeben. Neben den zahlreichen architektonischen Zeugen der wechselvollen Geschichte, den Burgen und Burgruinen, den Herrenhäusern und Stadtbildern, hat vor allem die unberührte Natur Estlands eine besondere Anziehungskraft für den Reisenden. Riesige grüne Wälder, stille, grosse Seen und ausgedehnte Sandstrände ohne Publikum sind die Highlights des Landes. Dem Reisenden bieten sich je nach Landschaft abwechslungsreiche, z.Z. völlig gegensätzliche Eindrücke. Mit Wacholder bewachsene und mit Windmühlen geschmückte Inseln im Westen, felsige, steile Strände, Sanddünen sowie das einzigartige steile Kalkufer, der Glint, im Norden. Im Landesinnern bereist man endlose Wälder, sieht stille Gewässer und Moore, durchfährt grosse Wiesenflächen. In der hügeligen Moränenlandschaft des Südens liegen neben der ausgedehnten Seenplatte des Peipus-Sees, der die Grenze zu Russland im Osten markiert, die meisten Seen.
Besonders im Sommer hat Estland viele Attraktionen zu bieten, viele Festivitäten und Events. Zu erwähnen sind das Tallinner Altstadtfest, das im Juni stattfindet, oder die 'weissen Nächte' im Hochsommer, wenn es nicht mehr völlig dunkel wird bei Nacht. Das im ganzen Baltikum begangene Mitsommerfest zur Sonnenwende am 23. Juni ist heidnischen Ursprungs und hat bis heute nichts von seiner Attraktivität für die Feiernden verloren. Es ist ein besonderes Erlebnis, hier mitfeiern zu dürfen.

Der wirtschaftliche Aufschwung, der nach der Sowjetära einsetzte wurde durch Mafiastrukturen, Inflation und Misswirtschaft nachhaltig gedämpft und Estland kämpft, wie die anderen baltischen Staaten ebenso, gegen eine hohe Arbeitslosigkeit und für die Etablierung stabiler politischer und wirtschaftlicher Verhältnisse. Es macht von allen baltischen Staaten hier die besten Fortschritte, die, Dank an die nördlichen Nachbarn in Skandinavien, gute Aussichten auf einen dauerhaften Erfolg zulassen. Am 1. Mai 2004 ist Estland Mitglied der EU geworden.

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